Film und Medien Stiftung NRWNewsNews23. Verleihung Gerd Ruge Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW

23. Verleihung Gerd Ruge Stipendium der Film- und Medienstiftung NRW

Die Film- und Medienstiftung NRW vergab heute, 8. Oktober, zum 23. Mal das mit insgesamt 100.000 Euro ausgestattete Gerd Ruge Stipendium für die Entwicklung innovatier Kinodokumentarfilme. Fünf Stipendiat:innen wurden mit je 20.000 Euro ausgezeichnet, um ihre besonderen Dokumentarfilme für die große Leinwand zu entwickeln. Das traditionsreiche Stipendium bietet ihnen nun die Möglichkeit, ihre Projekte in einer frühen Entwicklungsphase mit inhaltlicher Tiefe und künstlerischer Freiheit voranzubringen.

Das Stipendium, das an den renommierten Journalisten und Dokumentarfilmer Gerd Ruge erinnert, ist eines der wichtigsten Instrumente für die unabhängige Entwicklung von dokumentarischen Kinofilmen. Es zeichnet sich besonders durch seine Offenheit gegenüber unterschiedlichsten Themen, Handschriften und Erzählformen aus und hat in über zwei Jahrzehnten zahlreiche preisgekrönte Filme auf den Weg gebracht, die entscheidende Impulse für die Vielfalt des Dokumentarfilms, aber auch für die Gesellschaft setzten.

Insgesamt 59 Projekte wurden eingereicht. Über die Einreichungen entschied die Jury aus Regisseurin und Produzentin Corinna Belz, Regisseur Eric Friedler, Filmstiftungsgeschäftsführer Walid Nakschbandi, Produzentin, Autorin und Journalistin Sandra Maischberger, Regisseurin und Autorin Doris Metz sowie Autorin und Filmemacherin Düzen Tekkal.

Im Vorfeld der feierlichen Verleihung, die im Kleinen Sendesaal des WDR stattfand, thematisierte das Panel „Die Kraft des Dokumentarischen – Zwischen Neutralität und Haltung“ Aspekte der aktuellen filmischen Debatte. Diskutant:innen waren Regisseur Bilal Bahadır, Journalistin und Bestsellerautorin Mithu Sanyal, Düzen Tekkal sowie ARD-Doku-Koordinator Ingmar Cario und Regisseur Volker Heise.

Oben v. l. n. r.:  Walid Nakschbandi, Düzen Tekkal, Corinna Belz, Doris Metz
Unten v. l. n. r.: Walter Solon, Niels Laupert, Irma-Kinga Stelmach, Hannah Dörr, João Pedro Prado
Foto: Ralf Jürgens / Film- und Medienstiftung NRW

Zu den Projekten

„Marika“ (AT), Hannah Dörr, 20.000 Euro
Eine 84-jährige jüdische Holocaustüberlebende liebt einen 48-jährigen shiitischen Libanesen, den sie regelmäßig in Beirut besucht. Eine – alle Rivalitäten auslöschende – Liebesbeziehung oder einfach nur Heiratsschwindelei?
Hannah Dörr diplomierte 2016 an der Kölner Kunsthochschule für Medien im Studium der medialen Künste. Im gleichen Jahr erhielt sie den Förderpreis des Landes NRW für Künstler:innen im Bereich Film. Für das von ihr – gemeinsam mit Carina Mergens und Janina Jung – fertiggestellte Debüt Stefan Eisenburgers „Erich und Schmitte“ erhielt sie 2019 eine Grimme-Preis Nominierung.

„Under Cover“, Niels Laupert, 20.000 Euro
Die wahre Geschichte eines US-amerikanischen Ehepaars, das im Kalten Krieg für den DDR-Geheimdienst spioniert – unter bürgerlicher Tarnidentität und mit direkten Verbindungen bis ins Bonner Kanzleramt. Nach ihrer Enttarnung gelingt ihnen ein spektakulärer Coup: Sie entgehen einer jahrelangen Haft. Heute leben sie im Allgäu – als Paartherapeuten und Friedensaktivisten. Der Film folgt drei Generationen einer Familie, die um Identität, Zugehörigkeit und die richtige Haltung in einer sich wandelnden Welt ringen.
Niels Laupert diplomierte an der HFF München im Bereich Produktion und Medienwirtschaft. Im Anschluss studierte er mit einer Sondererlaubnis szenische Regie in der Abteilung III, Kino- und Fernsehfilm. Sein Diplomabschlussfilm „Sieben Tage Sonntag“ wurde bei seiner Uraufführung beim Filmfest München 2007 mit dem Mentor Award ausgezeichnet. Aktuell arbeitet er an seinem ersten Dokumentarfilmprojekt, das sich mit dem Wandel von Gesellschaft und Arbeit am Beispiel der letzten verbeamteten Postboten auseinandersetzt.

„The Wars We Play“, João Pedro Prado, 20.000 Euro
Fußball gilt in der Ukraine als Symbol des nationalen Widerstands, seit Vereine aufgrund des Angriffskrieges wieder mit rein ukrainischen Mannschaften spielen. Seit kurzem kommen brasilianische Fußballer, um zu spielen. Doch jeder von ihnen nimmt den Platz eines ukrainischen Spielers ein, der damit näher an die Front rückt. Während der Krieg das Team zu spalten droht, wird der Sport zum Spiegelbild einer umkämpften Nation.
Nach einem Studium der Philosophie und Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin absolvierte João Pedro Prado einen Master an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf im Bereich Dokumentarfilmregie, den er mit dem Abschlussprojekt „Spaltung“ abschloss. Der Film wurde in Kopenhagen am CPH:DOX, dem DOK.fest München und in Kraków gezeigt. 2023 lief sein Kurzfilm „Ash Wednesday“ auf der Berlinale. Neben der Organisation von Filmfestivals ist er als Dozent an der Hochschule Macromedia in Berlin tätig.

„The (Not-So) Great Replacement“, Walter Solon, 20.000 Euro
Die europäische Demokratie ist in Gefahr. Eine tragikomische Reise durch Europa nimmt die Theorie vom „Großen Austausch“ auseinander: die Idee, dass weiße Christen durch muslimische Migranten ersetzt werden. Der Film zeigt, wie sich aus dem sogenannten „7-Punkte-Plan zum Volkstausch“ eine der beliebtesten Verschwörungserzählungen Europas entwickelt hat. Ein (leicht) satirischer Dokumentarfilm.
Während seines Studiums der Sozialwissenschaften an der Universität von São Paulo nahm Walter Solon an Austauschprogrammen in Paris und Köln teil. Im Anschluss studierte er an der Kunsthochschule für Medien Köln sowie am Art Center College of Design in Kalifornien. Sein Abschlussfilm „Reparation Day“, ein satirischer Politthriller, wurde von der Film- und Medienstiftung NRW gefördert.

„Schoolgirl“, Irma-Kinga Stelmach, 20.000 Euro
Vanessa ist 17, in England geboren und lebt heute in einem abgelegenen Teil Polens, wo sie eine Militär-Oberschule besucht. Zwischen zwei Heimaten und Lebenswelten hin- und hergerissen, pendelt sie zwischen Drill, familiären Herausforderungen und der Suche nach der eigenen Identität. Der dokumentarische Coming-of-Age-Film begleitet sie durch ihr letztes Schuljahr, eine Zeit tiefgreifender Entscheidungen auf dem Weg ins Erwachsenwerden.
Nach einem Studium der Malerei an der Hochschule der Künste Berlin machte Irma-Kinga Stelmach an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf ihr Diplom im Bereich Film- und Fernsehregie. 2004 erhielt sie für den Kurzfilm „Jubilate“ den Förderpreis der DEFA-Stiftung. „Preußisch Gangstar“, für den Stelmach mit Bartosz Werner das Drehbuch schrieb und die Regie übernahm, gewann 2007 beim Studio Hamburg Nachwuchspreis, beim Achtung Berlin Filmfestival und beim Filmfest Schleswig-Holstein. Für „La Fix“ gewann sie 2017 den Emder Drehbuchpreis.