35. Filmfest München: 9 filmstiftungsgeförderte Filme
- Neues Deutsches Kino: „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“, „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ und „Zwei im falschen Film“
- Kinderfilmfest: „Nur ein Tag“
- Lights! Camera! Action!: „Nothingwood”
- Spotlight: „Clair Obscur“
- Wettbewerb Cinevision: „Los Perros“
- International Independents: „Rey“ und „Donkeyote“
Neun Produktionen, die von der Film- und Medienstiftung gefördert wurden, sind zum 35. Filmfest München eingeladen, das übermorgen Eröffnung feiert. Das Spektrum reicht dabei von Komödien über Familienfilme bis hin zu Dokumentarfilmen. „Nothingwood“ von Sonia Kronlund (Made in Germany) und „Los Perros“ von Marcela Said (augenschein) liefen kürzlich beim Filmfestival de Cannes und werden nun erstmals dem deutschen Publikum präsentiert. Zwei der geförderten Filme konkurrieren um die Förderpreise Neues Deutsches Kino, die mit insgesamt 70.000 Euro dotiert sind: „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ von Arne Feldhusen (Razor Film) ist in den Kategorien Regie, Drehbuch und Schauspiel nominiert, und „Zwei im falschen Film“ (studio.tv.film) von Laura Lackmann hat in den Kategorien Regie, Produktion und Drehbuch Chancen auf eine Auszeichnung. Die Jury für den Förderpreis besteht in diesem Jahr aus Produzentin Verena Gräfe-Höft (Junafilm), Produzent Michael Weber (The Match Factory) und Schauspieler Edgar Selge. In der Reihe International Independents wird der Dokumentarfilm „Wenn Gott schläft“ von Till Schauder gezeigt, der von der Filmstiftung 2014 mit dem Gerd Ruge-Stipendium für die Vorbereitung unterstützt wurde.
Das diesjährige Festival, das vom 22. Juni bis 1. Juli läuft, wird mit Claire Denis‘ „Un Beau Soleil Intérieur“ eröffnet. Das Filmfest München ist nach der Berlinale das zweitgrößte deutsche Filmfestival. Es findet seit 1983 jedes Jahr Ende Juni statt. Mit rund 200 Filmen auf 18 Leinwänden und jeweils mehr als 80.000 Besuchern ist es vor allem ein Publikumsfestival.
Die geförderten Filme beim Münchner Filmfest im Einzelnen
Reihe: Neues Deutsches Kino
„Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“Der neue Film von Lola Randl feiert seine Weltpremiere beim Filmfest München. Zum Inhalt: Der Paartherapeutin Luisa (Lina Beckmann) wächst alles über den Kopf: Job, Ehe, Affäre. Eines Tages liegt ein zweites Ich in ihrem Bett. Ihr Alter Ego, das sie Ann (Lina Beckmann) tauft, ist zwar naiv, aber lernfähig, und lebt die Bedürfnisse aus, die Luisa mit Macht verdrängt: Süßigkeiten und Chips in rauen Mengen und traute Zweisamkeit mit Ehemann Richard (Charly Hübner). Luisa nutzt das zweite Ich für Spontansex mit ihrem Geliebten Leopold (Benno Fürmann), der zugleich Richards Chef ist. Doch Ann öffnet Luisa die Augen für den Blick von außen auf ihr Leben und stürzt sie in fundamentale Selbstzweifel. Die Komödie wurde von der Kölner COIN Film und Circe Films (NL) produziert, als Sender sind WDR und Arte G.E.I.E. beteiligt. Die Film- und Medienstiftung NRW förderte die Produktion mit 500.000 Euro, weitere Förderer sind die FFHSH, nordmedia, BKM sowie der DFFF. „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ kommt voraussichtlich am 19. Oktober im Farbfilm-Verleih in die Kinos.
„Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“
Arne Feldhusens neuer Film „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ fußt auf der Buchvorlage von Sven Regener. In der Hauptrolle als Karl Schmidt: Charly Hübner. In weiteren Rollen: Detlev Buck, Marc Hosemann, Annika Meier und Bjarne Mädel. Zum Inhalt: Karl Schmidt trifft fünf Jahre nach einem psychischen Zusammenbruch durch einen Zufall seine alten Kumpels wieder. Mit ihrem erfolgreichen Plattenlabel wollen sie eine "Magical Mystery"-Tour durch Deutschland machen, um den Rave der 90er mit dem Hippiegeist der 60er zu versöhnen. Und genau dazu brauchen sie einen Fahrer, der immer nüchtern bleiben muss. Das kommt Karl Schmidt gerade recht. Es beginnt ein abenteuerlicher Roadtrip durch das Deutschland der 90er, unternommen von einer Handvoll Techno-Freaks, betreut von einem psychisch labilen Ex-Künstler. Produziert wurde „Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt“ von Razor Film in Co-Produktion mit Brainpool, sowie dem WDR, der Degeto und Arte, unterstützt von der Filmstiftung NRW in Höhe von 400.000 Euro. Weitere Gelder kamen vom DFFF, der FFA, dem MBB, sowie der MFG. Der Film wird am 31. August von DCM in die deutschen Kinos gebracht. Die Weltpremiere findet am 25. Juni auf dem Filmfest in München statt.
„Zwei im falschen Film“
Hans nennt seine Freundin „Heinz“ – das sagt eigentlich schon alles über ihre Beziehung. Sie sind ein ganz normales Paar, doch ihrer Beziehung ist das gewisse Etwas abhandengekommen. Das fällt ihnen allerdings erst auf, als sie an ihrem Jahrestag ins Kino gehen, ein Liebesfilm steht auf dem Programm. Nur die romantische Stimmung von der Leinwand will nicht so recht auf die beiden überspringen. Doch pragmatisch wie die beiden sind, erstellen sie eine Liste mit all den „Sachen“, die zu einer filmreifen Liebe gehören: Romantik, Sehnsucht, Leidenschaft, Eifersucht und Drama – die großen Gefühle eben. Bei „Zwei im falschen Film“ von Laura Lackmann spielen Laura Tonke und Marc Hosemann die Hauptrollen. Die Produktion von Studio.TV.Film unter Senderbeteiligung von WDR und SWR feiert am 28.06. in München ihre Weltpremiere. 355.000 Euro Förderung kamen von der Filmstiftung NRW, weitere Förderer sind MFG, DFFF und BKM. Farbfilm wird den Film ins Kino bringen.
Reihe: Kinderfilmfest
„Nur ein Tag“
Martin Baltscheit, das vielfach ausgezeichnete Multitalent (Deutscher Hörbuchpreis, Deutscher Jugendliteraturpreis u.v.a.), erzählt in seinem Regiedebüt die Geschichte von Fuchs und Wildschwein, die der kleinen Eintagsfliege beim Schlüpfen zusehen. Wären die beiden doch bloß schnell abgehauen, jetzt müssen sie feststellen, dass die junge Fliege geradezu bezaubernd ist. Aber wer bringt ihr nun bei, dass sie nur diesen einen Tag zu leben hat? Kurzerhand behaupten die beiden, der Fuchs sei der Todgeweihte. Und siehe da: Die frisch Geschlüpfte beschließt voller Mitgefühl, dass jetzt eben das ganze Leben in einen Tag muss – ein ganzes Leben inklusive des ganz großen Glücks. „Nur ein Tag“ wurde von der Kölner Heimatfilm produziert und die Hauptrollen spielen Aljoscha Stadelmann, Lars Rudolph und Karoline Schuch. Die Filmstiftung NRW förderte mit 225.000 Euro. Der Kölner Verleih W-Film bringt „Nur ein Tag“ am 29. Juni in die Kinos.
Reihe: Spotlight
„Clair Obscur“
Das neue Werk der türkischen Regisseurin Yeşim Ustaoğlu „Clair Obscur“ beschreibt den psychologischen Reigen zweier türkischer Frauen. Ihnen war es weder vergönnt, unabhängig heranzuwachsen, oder ihre eigene Persönlichkeit selbst zu entdecken, zu lieben und geliebt zu werden, geschweige denn eine ehrliche, selbstbestimmte Beziehung zu führen. Die Auswirkungen dieser psychologischen Verletzungen sind auf Mikro- und Makroebene quer durch die türkische Gesellschaft zu spüren. An der Produktion sind Ustaoğlu Film (TR), Slot Machine (F) und die Kölner unafilm beteiligt, Koproduzent war Aeroplan Film (PL) unter Senderbeteiligung von ZDF/Arte. Die Hauptrollen spielen Funda Eryigit, Mehmet Kurtulus, Ecem Uzun Okan Yalabik und Sema Poyraz. Die Filmstiftung NRW förderte mit 200.000 Euro, weitere Förderer waren Turkish Ministry of Culture, CNC/Institute Francais, Polish Film Institute und Eurimages. Der Weltvertrieb liegt bei Beta Cinema, der Kölner Real Fiction Verleih bringt den Film ins Kino. „Clair Obscur“ hatte seine Weltpremiere beim Toronto International Film Festival.
Reihe: Lights! Camera! Action!
„Nothingwood“
Salim Shaheen hat 109 Filme gedreht. Inspiriert von Bollywood und Hollywood, sind sie alle in Kabul entstanden, in „Nothingwood“. Der Dokumentarfilm porträtiert den afghanischen Filmemacher Salim, erzählt von mehr oder weniger talentierten Schauspielern, zwielichtigen Geldgebern und Morddrohungen. Sonia Kronlund zeigt in ihrem Film ein Land, das zerrissen ist zwischen Tradition, Taliban und seiner brutalen, manchmal aber auch poetischen Gegenwart. Der Film der Gloria Films Production (F) entstand in Koproduktion mit der Kölner Made in Germany Filmproduktion. Die Filmstiftung NRW förderte mit 70.000 Euro, weitere Unterstützung kam von der Deutsch-Französischen Förderkommission und Eurimages. „Nothingwood“ hatte seine Weltpremiere beim diesjährigen Festival in Cannes in der Reihe „La Quinzaine des Réalisateurs“ und hat nun in München seine Deutschlandpremiere.
Reihe: Wettbewerb Cinevision
„Los Perros“
Mariana gehört der chilenischen Oberschicht an, für die Privilegien selbstverständlich sind. Von ihrem Vater und Mann nicht respektiert, fühlt sie sich hingezogen zu ihrem mysteriösen Reitlehrer Juan – einem ehemaligen Oberst, der verdächtigt wird, während der Diktatur in Menschenrechtsverletzungen verwickelt gewesen zu sein. Ihre ungewöhnliche Affäre droht schließlich die unsichtbaren Mauern einzureißen, die Marianas Familie vor deren Vergangenheit schützen. „Los Perros“ von der chilenischen Regisseurin Marcela Said mit Antonia Zegers und Alfredo Castro in den Hauptrollen ist eine Produktion von Cinéma Defacto (F) in Koproduktion mit Jirafa Films (CL), Rei Cine (ARG), der Kölner augenschein Filmproduktion und Terratreme Films (PRT). Die Filmstiftung NRW förderte mit 50.000 Euro, weitere Förderer sind u. a. der Fondo Audiovisual Chile, Cinema du Monde, INCAA (Argentinien) und ICA (Portugal), Creative Europe MEDIA und World Cinema Fund. „Los Perros“ lief in der Reihe „Semaine de la Critique“ beim diesjährigen Jubiläumsfestival in Cannes.
Reihe: International Independents
„Rey“
Eine wahre Geschichte: Ende des 19. Jahrhunderts macht sich ein junger französischer Anwalt und Abenteurer auf, um ein Königreich im unwirtlichen Süden von Chile zu gründen und König von Araukanien und Patagonien zu werden. Er vereinigt die gefürchteten Mapuche unter sich und die Reaktion der chilenischen Armee ist verheerend… Ein eindrucksvoll gestalteter Abenteuerfilm, darunter Abschnitte halbverfaulten Zelluloids: der Regisseur hat das analoge Material vor einigen Jahren vergraben, um die korrodierten und verschwommenen Bilder nun im Film zu verwenden. „Rey“ von Niles Attahlah ist eine internationale Koproduktion von Mômerade (F), Diluvio (CHL), Circe Films (NL) unter deutscher Beteiligung der Kölner Produktionsfirma unafilm. Die Filmstiftung NRW unterstützte die Produktion mit 50.000 Euro, weitere Förderer waren Hubert Bals Fund, Torino Filmlab, L’Aide aux Cinéma du Monde, Centre national du cinéma et de l’image animée, Ministère des Affaires étrangères et du développement international, Institut Français, Doha Film Institute, Amiens Screenplay, Hubert Bals Fud, CORFO und Binger Filmlab. Der Film feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des Festivals Rotterdam und wurde dort mit dem Special Jury Award ausgezeichnet.
„Donkeyote“
Chico Pereiras Dokumentarfilm „Donkeyote“ feierte seine Weltpremiere beim Filmfestival Rotterdam und hat nun seine Deutschlandpremiere in München. Die Filmstiftung förderte den Film mit 45.000 Euro, er ist eine Produktion der Kölner Sutor Kolonko und der schottischen SDI Productions und entstand unter Senderbeteiligung von ZDF und Arte. „Donkeyote“ ist ein Film über einen alten Spanier, seinen Esel und das quichoteske Streben nach den Weiten Amerikas, bei der Suche nach einem freien Herumwandern stoßen sie immer wieder auf eine Welt voller Grenzen.
„Wenn Gott schläft“ / Gerd Ruge-Stipendium
Mit Unterstützung des Gerd Ruge-Stipendiums über 20.000 Euro realisierte Till Schauder, Absolvent der HFF, den Dokumentarfilm „Wenn Gott schläft“. Darin begleitet er den Kölner Musiker Shahin Najafi, der nach einer gegen ihn ausgesprochenen Todes-Fatwa untertauchen musste. Anlass war ein kontroverser Liedtext über die Unterdrückung von Frauen und die Verletzung von Menschenrechten im Iran. Die Geschichte seiner Flucht nach Deutschland entfaltet sich in Till Schauders Film vor dem Hintergrund der Pariser Anschläge 2015 und den in Europa um sich greifenden rechtsradikalen Gegenreaktionen auf Flüchtlinge aus dem Mittleren Osten. Der Film feierte seine Weltpremiere auf dem Tribeca Film Festival im April 2017. Real Fiction bringt den Film am 12. Oktober bundesweit in die Kinos.
Das Gerd Ruge-Stipendium ermöglicht jungen Filmemachern innerhalb von 18 Monaten die Entwicklung und Vorbereitung eines Dokumentarfilmes für das Kino. Unter der Schirmherrschaft des prominenten Fernsehjournalisten Gerd Ruge vergibt die Film- und Medienstiftung NRW jährlich das mit einer Gesamtsumme von bis zu 100.000 Euro dotierte Stipendium – die höchste Summe, die in Deutschland für die Entwicklung von Dokumentarfilmprojekten vergeben wird.