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59. Hörspielpreis der Kriegsblinden geht an Thilo Reffert

Bund der Kriegsblinden e.V. und Filmstiftung NRW verleihen zum 59. Mal die renommierte Auszeichnung

Thilo Reffert erhält im Juni den Hör-
spielpreis der Kriegsblinden

Für sein Hörspiel "Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle" erhält Thilo Reffert den diesjährigen Hörspielpreis der Kriegsblinden/Preis für Radiokunst. Der Hörspielpreis der Kriegsblinden, der zu den renommiertesten Auszeichnungen für Hörspielautoren zählt, wird gemeinsam vom Bund der Kriegsblinden Deutschlands e.V. und der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen getragen. Mit dem Preis wird jährlich ein von einem deutschsprachigen Sender konzipiertes und produziertes Hörspiel ausgezeichnet, das "in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert".

Das Hörspiel "Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle" ist eine Produktion des MDR. Sie wurde am 9. November 2009 anlässlich des 20. Jahrestages des Mauerfalls urgesendet.

Am 2. und 3. März tagte die Jury in Halle (Saale). Nachdem sie in den letzten drei Jahren in der Schweiz, bei Radio Bremen und in Köln zu Gast war, fand die Jurysitzung in diesem Jahr beim MDR statt. Der Hörspielpreis der Kriegsblinden wird am 7. Juni in Bonn verliehen.

Entschließung der Jury:

"Thilo Reffert ist es gelungen, mit scheinbar leichter Hand, mit Witz und einem hinreißend verspielten O-Ton-Einsatz, ein zentrales Thema der deutschen Geschichte neu zu erzählen: Die Ereignisse am 9. November 1989. Die Jury war davon angetan, dass nach einem Jahr medialer Dauer-Anwesenheit dieses Themas in Refferts Hörspiel ein neuer überraschender Zugang gelang. Thilo Reffert erzählt die Geschichte seiner Mutter und Schwester, die am Abend des 9. November in einem Wartburg um 21:15 über die Grenze der DDR in den Westen fuhren, und zwar am Übergang Marienborn, wo "der eiserne Vorhang im Dunkel über Kartoffeln und Zuckerrüben hing". Um diese Uhrzeit war in Berlin die Mauer noch zu und der Bundestag in Bonn debattierte über Sportförderung. Das Stück ist ein kleines Denkmal für zwei Frauen, die gezeigt haben, dass Geschichte sich nicht ereignet, sondern dass man sie gestalten kann.

Reffert erzählt diese Geschichte, indem er 20 Jahre später mit Mutter und Schwester dieselbe Strecke noch einmal fährt. So schafft er im Stück mehrere Ebenen. Zum Geschehen von damals kommt der Versuch der heutigen Wiederholung, der die Erfahrung von 20 Jahren, die Veränderungen und die Reflexion darüber einschließt. Eine weitere Ebene entsteht, indem Reffert die öffentlichen O-Töne aus TV, Radio und der Bundestagssitzung mit gekonnter Schnitt-Technik in einen Dialog mit den privaten Berichten bringt und so die "Schnittstelle von Küchenschrank und Weltgeschichte" trifft.
Matthias Matschke spricht Refferts Text mit trockenem Humor und ohne Pathos. So gibt das Stück einen Maßstab für eine andere Gedenk-Kultur."

Zum diesjährigen Preisträger:

Thilo Reffert wurde 1970 in Magdeburg geboren. Er studierte Theaterwissenschaft und Neuere Deutsche Literatur in Berlin. Nach einer Hospitanz am Berliner Ensemble arbeitete er als Dramaturg und Theaterpädagoge am Landestheater Neustrelitz und am Staatstheater Schwerin. Seit 2000 schreibt Thilo Reffert Theaterstücke, sein Hörspiel-Debüt "Hellas Sonntag" wurde 2002 vom MDR gesendet. Auch "Die Sicherheit einer geschlossenen Fahrgastzelle" entstand in Zusammenarbeit mit dem MDR.

In diesen Tagen veröffentlicht Thilo Reffert sein erstes Kinderbuch "Nina und Paul", das der Autor auf der Leipziger Buchmesse vorstellt. Das nächste Hörspiel "Australien, ich komme. Ein Hörspiel für Kinder", wird an Ostern auf DLR zu hören sein.

Ein Foto des Preisträgers können Sie hier herunterladen.

Der Jury, unter Vorsitz der Autorin Anna Dünnebier, gehören jeweils sieben Kriegsblinde und sieben Fachkritiker sowie fünf von der Filmstiftung NRW berufene Juroren aus dem Kulturbereich an. Preisträger der vergangenen Jahre waren u. a. Rimini Protokoll (Helgard Haug & Daniel Wetzel), Michaela Melián, Stefan Weigl, Elfriede Jelinek, Christoph Schlingensief, Andreas Ammer & FM Einheit, Walter Filz oder Inge Kurtz & Jürgen Geers.

Im letzten Jahr erhielt "Ruhe 1" von Paul Plamper den Hörspielpreis.

Liste der Jurymitglieder der 59. Sitzung Hörspielpreis der Kriegsblinden

Kriegsblinde:
Dieter Renelt
Klaus Bartels
Maximilian Skiba
Rainer Unglaub
Dr. Paul Baumgartner
Hans-Dieter Hain
Hans Zehrer

Fachkritiker:
Dr. Eva-Maria Lenz (Freie Journalistin, FAZ, NZZ, epd)
Frank Olbert (Kölner Stadt-Anzeiger)
Dr. Thomas Irmer (Freier Journalist u.a. Theater heute)
Dieter Anschlag (Funkkorrespondenz)
Elmar Krekeler (Die Welt)
Evelyn Roll (Süddeutsche Zeitung)
Diemut Roehter (epd medien)

Filmstiftung:
Anna Dünnebier
Anna Stümpel
Michael Schmid-Ospach
Dr. Herrad Schenk
Petra Kammann


Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Filmstiftung NRW, Presseabteilung
Tanja Güß, Tel.: 0211-930500, Fax: 0211-9305085,