65. Hörspielpreis der Kriegsblinden für Sibylle Berg und Marina Frenk
- Verleihung am Mi, 11. Mai im WDR Köln
- Ebenfalls nominiert: „Die lächerliche Finsternis“ und „The King is Gone“
- Vergabe des Hörspielpreises der Kriegsblinden seit 1952
Mit „Und jetzt: Die Welt!“ von Sibylle Berg und Marina Frenk, einer Produktion von MDR, gab die 15-köpfige Jury unter Vorsitz der Autorin Anna Dünnebier soeben den Gewinner des Hörspielpreis der Kriegsblinden bekannt, der in diesem Jahr sein 65. Jubiläum feiert. Die renommierte Auszeichnung, getragen vom Bund der Kriegsblinden e.V. (BKD) und der Film- und Medienstiftung NRW, wird am Mittwoch, 11. Mai 2016, feierlich im WDR Köln verliehen. Moderiert wird die Preisverleihung von Ute Soldierer.
Der Hörspielpreis der Kriegsblinden wird seit 1952 jährlich an ein für einen deutschsprachigen Sender konzipiertes Original-Hörspiel verliehen, das in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert. Zu den vorherigen Preisträgern zählen u.a. Milo Rau, Paul Plamper, Elfriede Jelinek oder Christoph Schlingensief.
Jurybegründung
„Ein wildes, furioses, atemloses Stück, voll ätzender Komik und tiefer Verzweiflung, zum Lachen, wenn man denn nicht heulen muss, grandios dargeboten von Marina Frenk. Sie gibt vier jungen Frauen ihre Stimme, die sich durch die Fallstricke und Forderungen einer absurden Welt durchzubeißen versuchen – selbstbewusst und hoffnungslos, abgeklärt und aufbegehrend.“ Die Jury hob besonders hervor, wie es Marina Frenk gelingt, mit ihrer unglaublich vielseitigen Stimme das „Theaterstück des Jahres 2014“ in ein Hörspiel zu verwandeln. „Sie verleiht den vier unterschiedlichen Frauenrollen Präsenz, sie lamentiert, spottet, trotzt, lästert, haspelt, kreischt und seufzt, sie tönt wie eine rostige Trompete, sie singt eigene Lieder und macht aus Klassikern durch ihr Arrangement und Interpretation etwas Neues.“ Die Jury sah in Marina Frenk eine Mit-Urheberin des Hörspiels.
Zum Inhalt von „Und jetzt die Welt“
Sie sind klug, gut ausgebildet und leben in prekären Verhältnissen, weil auch das x-te Praktikum kein Geld bringt. Sie verkaufen selbstgekochte Drogen im Internet, schreiben Mode-Blogs, kommunizieren unablässig per Skype, SMS, Chat oder Telefon, und doch bleibt da ein Gefühl von überwältigender Einsamkeit. Im Hörspiel von Sibylle Berg bilanziert eine junge Frau ihr bisheriges Leben: früher Mitglied einer brutalen Mädchengang, heute friedlich Yoga, früher unbeholfenes Knutschen mit Jungs im Zeltlager, heute Gender-Fragen, früher hochfliegende Ideale, heute Pragmatismus. Gnadenlos und mit großer Zärtlichkeit porträtiert Sibylle Berg vier Frauen Anfang Zwanzig, die unsicher sind, wofür sie kämpfen sollen, und bei denen schon das Wort „wir“ für berechtigte Skepsis sorgt.
Die Nominierten
In dem ebenfalls nominierten Hörspiel „Die lächerliche Finsternis“ erzählt Wolfram Lotz von einem Hauptfeldwebel der deutschen Bundeswehr, der mit seinem Unteroffizier in den ‚Regenwäldern Afghanistans‘ einen verrückt gewordenen Oberstleutnant liquidieren soll. Die Produktion des SWR erinnert an Francis Ford Coppolas „Apocalypse Now“ und überträgt den Stoff skurril, traurig und ironisch auf die globalisierte Welt von heute. Andreas Ammers dokumentarisches Hörspiel „The King is Gone“ (BR) verbindet revolutionäre Praxis mit der Perspektive der Klatschpresse. Es schildert Weltgeschichte als Roadmovie und es klingt, als hätten Micha und Markus Acher von „The Notwist“, um die Flucht des bayerischen Königs Ludwig III. zu vertonen, eine All-Star-Blaskapelle um sich geschart.
Das ausgezeichnete sowie die nominierten Hörspiele können auf der Homepage der Film- und Medienstiftung als Stream abgerufen werden. Unter www.filmstiftung.de/hoerspielpreis stehen die Hörspiele sowie die vollständigen Jurybegründungen und Fotos der Nominierten bis zum 20. Mai zur Verfügung.
Die Jury des 65. Hörspielpreises der Kriegsblinden
Kriegsblinde: Paul Baumgartner, Johann Dressing, Hans-Dieter Hain, Dietrich Plückhahn, Siegfried Saerberg, Melanie Schäfer, Christa Schmidt
Fachkritiker: David Denk (Autor, Journalist, Süddeutsche Zeitung), Anna Dünnebier (Autorin, Vorsitzende der Jury), Thomas Irmer (Freier Journalist u.a. Theater heute), Jenny Hoch (Freie Journalistin), Elmar Krekeler (Journalist, Die Welt), Eva-Maria Lenz (Freie Journalistin, FAZ, epd), Diemut Roether (epd medien), Hans-Ulrich Wagner (Hans-Bredow-Institut)
Für weitere Informationen: Film- und Medienstiftung NRW, Katharina Müller, Tel.: 0211-93050-39,