Berlinale Series Market – Mission: Europe. How Local Markets Muscle Up
Am Morgen des 14. Februar ist die achte Ausgabe der Marktplattform für internationale High-End-Serien, Berlinale Series Market, eröffnet worden. Die gemeinsame Veranstaltung der Berlinale Industry-Plattformen European Film Market (EFM), Berlinale Co-Production Market und Berlinale Talents wird auch in diesem Jahr wieder ausschließlich digital durchgeführt. Zum Auftakt des umfangreichen Konferenzprogramms bedankte sich EFM-Direktor Dennis Ruh bei den Partnern, insbesondere bei der Film- und Medienstiftung NRW, die den Berlinale Series Market von Anfang an als Hauptpartner unterstützte und das das diesjährige Eröffnungspanel „Mission: Europe. How Local Markets Muscle Up“ mit konzipiert hat.
#Analyis
Zum Auftakt des virtuellen Talks zeigte Guy Bisson, Executive Director des Marktforschungsunternehmens Ampere Analysis, anhand der fünf großen europäischen Streaming-Märkte auf, dass sich das Interesse der Zuschauer immer weiter von US-Produktionen hin zu lokalem Content verlagere. Darauf hätten auch die weltweit operierenden Anbieter wie Netflix und Amazon reagiert, führte Bisson aus. Bemerkenswert sei dabei auch die Tatsache, dass bei einem noch recht jungen Anbieter wie Disney+ bereits mehr als 50 Prozent der Inhalte außerhalb der USA produziert würden.
# Global Streamers
Moderator Steven Adams (Showrunner Society) vertiefte das Panel-Thema anschließend zunächst mit drei Vertreterinnen von großen Streaming-Anbietern. Georgia Brown, Head of Amazon Studios Europe, betonte dabei die Wichtigkeit einer individuellen Content-Strategie für jeden einzelnen europäischen Markt. Es gehe darum, authentische und für die jeweiligen Länder charakteristische Programme zu entwickeln. Dabei spiele auch die Zusammenarbeit mit prominenten Protagonisten, wie etwa dem Spitzenfußballer Paul Pogba in Frankreich, eine maßgebliche Rolle. Brown betonte, dass sie ihren Unternehmensbereich ausdrücklich nicht als Ableger eines US-Streamingdienstes verstehe, sondern als europäisches Studio.
Sabine Anger, SVP Streaming Central & Northern Europe and Asia bei ViacomCBS Networks International, erläuterte auf dem virtuellen Panel die duale Strategie ihres Unternehmens mit dem SVOD-Streamingdienst Paramount+, der in diesem Jahr auch im deutschsprachigen Raum starten soll, sowie dem werbefinanzierten AVOD-Angebot Pluto TV. Inhaltlich setze ViacomCBS zum einen auf seinen reichhaltigen US-Content, aber auch auf die Förderung der lokalen Produktion in den jeweiligen Märkten, führte Anger aus. In Kürze werde man zum Beispiel für Deutschland und Österreich eine Reihe von attraktiven Projekten mit namhaften Beteiligten bekannt geben.
Auch Christina Sulebakk, General Manager HBO Max EMEA, unterstrich die hohe Bedeutung lokalen Contents bei der Expansion des Streamingdienstes, der bis 2026 in 190 Ländern verfügbar sein soll. Daraus ergäbe sich wiederum für die jeweiligen Produktionen eine deutlich größere Reichweite. Schon jetzt würden Inhalte wie etwa die erste dänische HBO Max-Serie „Kamikaze“ zeitgleich mit der Premiere im eigenen Land auch in großen internationalen Märkten wie den USA und Großbritannien gestartet.
#Pubcuster
Nachdem im ersten Teil des Eröffnungs-Panels beim virtuellen Berlinale Series Market am 14. Februar zunächst die Streamingdienste im Mittelpunkt gestanden hatte, begrüßte Moderator Steven Adams (Showrunner Society) zur zweiten Hälfte Vertreter der Broadcasting-, Produktions- und Vertriebsseite. Arne Helsingen, Head of TV beim öffentlich-rechtlichen NRK in Norwegen, berichtete, dass sein Unternehmen sich schon in den frühen 2000er Jahren auf den technologischen Umbruch eingestellt habe. Der eigene Streamingservice NRK TV sei damals an den Start gebracht worden. Der Wettbewerb mit den international agierenden Anbietern gestalte sich heutzutage durchaus anspruchsvoll, zumal deren monatliche Abogebühren mitunter kaum teurer seien als ein Glas Bier, erklärte Helsingen schmunzelnd. NRK TV behaupte sich in diesem Umfeld bislang jedoch sehr gut und sei einer der beiden erfolgreichsten Streamer in Norwegen. Grundsätzlich sei er der Ansicht, dass Streaming das Beste sei, was der TV-Industrie passieren konnte. Die etablierten Marktteilnehmer hätten sich bewegen müssen. Entstanden seien viele interessante neue Inhalte und auch eine bessere Kommunikation mit dem Publikum.
Hauke Bartel, Head of Fiction bei RTL Deutschland, erläuterte die Strategie, die die Mediengruppe mit ihrem Streamingdienst RTL+ verfolgt. Im Wettbewerb mit den großen internationalen Playern wolle man in Deutschland keineswegs nur die David-Rolle spielen, betonte Bartel. Mit Eigenproduktionen decke man hier eine inhaltliche Bandbreite vom eher unkonventionellen Kammerspiel „Ferdinand von Schirach – Glauben“ bis hin zum Feiertags-Blockbuster „Sisi“ ab. Bartel präsentierte auch einen Ausblick auf den neuen Sechsteiler „Der König von Palma“, der ab dem 24. Februar bei RTL+ verfügbar ist. Die Serie vereinige alle Qualitäten, die für ein RTL+-Original wünschenswert seien, indem sie modernes und unterhaltsames Storytelling mit einem hochwertigen Look in Einklang bringe – noch dazu an einem in Deutschland sehr beliebten Schauplatz.
# Producer
Anschließend berichtete Jens Richter, CEO von Fremantle Media International, aus Sicht von Produktion und Vertrieb über die Bedeutung von lokalem Content im internationalen Streaming-Markt. Gerade in den vergangenen Jahren hätten sich hier einschneidende Veränderungen ergeben. Zum Beispiel sei es längst nicht mehr zwingend notwendig, in englischer Sprache zu produzieren, um weltweit Erfolge zu erzielen. Die südkoreanische Netflix-Serie „Squid Game“ sei hierfür ein prominentes Beispiel. Am Beispiel der dänischen Fremantle-Serie „The Investigation“ zeigte Richter auf, welche Faktoren für die internationale Relevanz einer lokalen Produktion ausschlaggebend sein könnten. In diesem Fall habe man in dem Oscar-nominierten Tobias Lindholm einen weit über Dänemark hinaus bekannten Regisseur gewonnen. Die wahre Geschichte des sogenannten „U-Boot-Mordes“, die in der Serie erzählt wird, habe in aller Welt Schlagzeilen geschrieben. Generell beobachte er, dass die Unterscheidung zwischen linearem Fernsehen und Streaming immer seltener vorgenommen werde, so Richter. Bei den Geschäftsmodellen der Streamer rechne er neben SVOD in Zukunft auch mit einem stärkeren Aufkommen des werbefinanzierten AVOD.