Die Filmstiftung vergibt 420.400 Euro für 14 Low Budget-Projekte
420.400 Euro gehen an 14 Low Budget-Projekte, darunter Filme über die Insel Hombroich, das Verpflanzen Jahrhunderte alter Bäume, die Träume zweier Inuit und eine ganz besondere Düsseldorfer Buchhandlung.
Dokumentarfilm
„Ein offener Versuch“, Produktion: Fruitmarket Kultur und Medien, Regie: Arne Birkenstock, Sebastian Lemke, Förderung: 60.000 Euro
Ein utopisches Eden inmitten der Rübenäcker der niederrheinischen Tiefebene wollte Museums- und Stiftungsgründer Karl-Heinrich Müller anregen. Das Lebenswerk eines leidenschaftlichen Visionärs, in dem Kunst, Architektur und Natur eins werden. Die Idee hinter Hombroich war aber mehr: ein revolutionäres Gesellschaftsexperiment sollte hier Künstler verschiedenster Disziplinen versammeln, die sich frei und radikal der Kunst widmen. Der Film nähert sich über ein Jahr aus unterschiedlichsten Perspektiven der dortigen Welt an.
„Das Ende eines Zeitalters“, Produktion: Christoph Hübner Film, Regie: Christoph Hübner, Förderung: 50.000 Euro
Das Zeitalter des Bergbaus im Ruhrgebiet geht zu Ende. Prosper-Haniel ist der letzte Schacht, auf dem die Kohleförderung 2018 eingestellt wird. Vor fast 40 Jahren begannen die Filmemacher auf der gleichen Zeche den Filmzyklus „Prosper/Ebel – Chronik einer Zeche und ihrer Siedlung“. Nun folgt der letzte Teil des Zyklus, der die Entwicklungen und Umbrüche zeigt, die für das Ende des Industriezeitalters beispielhaft sind.
„Trees Floating“, Produktion: Corso Film, Regie: Salomé Jashi, Förderung: 50.000 Euro
Ein mächtiger Mann, Georgiens ehemaliger Premierminister, kauft hundertjährige Bäume, so hoch wie 15-stöckige Gebäude, lässt sie entlang der Küste entwurzeln und sammelt sie in seinem Garten, der hinter einem Hochsicherheitszaun verschanzt liegt. Viele Küstenbewohner entdecken mit einem Mal Gold in ihrem Garten und verkaufen ihre Bäume an den Milliardär. Ein poetischer Film über die Dynamik zwischen arm und reich, mächtig und schwach, über politische Willkür und gesellschaftlichen Widerstand.
„Douce France“, Produktion: unafilm, Regie: Jeanine Meerapfel, Förderung: 50.000 Euro
Der dokumentarische Essay erzählt die Geschichte von Malou, der Mutter der Ich-Erzählerin. Sie begibt sich auf eine Reise und versucht, anhand der Lebensstationen in Deutschland, Frankreich und Argentinien dass bruchstückhafte Leben von Malou zusammenzusetzen. Ein Film über Emigration, Erinnern und Vergessen. Ein Film über eine Frau, die nie angekommen ist, und über die Funktion der Erinnerung und die Unschärfen des Gedächtnisses.
„Rift“, Produktion: Blinker Film, Regie: Daniel Kötter, Förderung: 40.000 Euro
Das Dokumentarfilmprojekt nimmt die Betrachter mit auf eine Reise durch die Peripherie der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba – eine auch allegorische Erzählung über das Stadtwerden afrikanischer Gesellschaften und dessen Auswirkungen auf lokale wie globale Zusammenhänge. Zu den streng komponierten Bildern kommt eine die Originaltöne komplex verwebende Tonspur.
Animationsfilm
„Doom Cruise“, Produktion und Regie: Lotte Stragholz, Simon Steinhorst, Förderung: 24.900 Euro
Ein Kreuzfahrtschiff steuert in einer postapokalyptischen Welt auf den unausweichlichen Untergang zu. Eine kleine Gruppe Überlebender hat es auf das gigantische Kreuzfahrtschiff geschafft. Das Schiff fährt ziellos umher und kann weder einen Hafen noch festes Land anfahren. Ein Film über das Loslassen und darüber, wie unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Formen von Verlust und Trauer umgehen. Ob es nun der Verlust eines Menschen ist, eines Zuhauses, eines Gegenstandes, Kontrolle, Macht, Würde oder der Verlust einer gesamten Welt.
„Bis zum letzten Tropfen“, Produktion und Regie: Simon Schnellmann, Förderung: 20.000 Euro
Ein Infusionsständer bewahrt seinen Patienten mit einer Chemotherapie vor dem Tod. Doch die Therapie erweist sich als schmerzhaft und anstrengend. Der verzweifelte Patient verliert den Mut und der Tod erscheint plötzlich als sinnvolle Option. Wäre da nicht der pflichtbewusste Infusionsständer, der den Sterbenden mit einer Hingabe pflegt, die an Besessenheit grenzt. Ob es dem Patienten passt oder nicht, die Therapie endet erst mit dem letzten Tropfen.
Kurzfilm
„Eggs, Rocks, Human Beings“, Produktion: Hübner/Wallenfels, Regie: Philipp Schaeffer, Förderung: 25.000 Euro
Laut einer alten Inuit-Weisheit, werden Kinder zu drei Sorten Menschen erzogen: zu zerbrechlichen Eiern, verhärteten Steinen und wahren Menschen. Und eine Gesellschaft, die Kinder zu wahren Menschen erzieht, wird immer gedeihen, mögen die Umstände noch so feindselig sein. Der Film begleitet zwei junge Inuit, die ihre Träume realisieren wollen in der postkolonialen Gegenwart der kanadischen Arktis.
„Menschsein heisst lesen“, Produktion: polyphem Film, Regie: Florian Heinzen-Ziob, Georg Heinzen, Förderung: 16.000 Euro
Der Stern-Verlag in Düsseldorf war eine der größten Buchhandlungen Europas. Gegründet 1900 überlebte er zwei Weltkriege, brannte 1945 in einer Bombennacht vollständig aus und wurde von der Eigentümer-Familie wiederaufgebaut und über Jahrzehnte erweitert. 2016 musste der Stern-Verlag schließen. Nun steht das riesige Labyrinth mit seinen Tausenden Metern Bücherregalen leer. Das Denkmal einer analogen Kultur, die langsam verschwindet.
„Ugur“, Produktion und Regie: Merle Forchmann, Förderung: 10.000 Euro
Die Beobachtung eines straffällig gewordenen jungen Vaters mit Migrationshintergrund, aufgewachsen in einem sozialen Brennpunkt in Düsseldorf, der sich durch die westliche Konsumgesellschaft schlägt, zeigt, wie wichtig Konsum in unserer Gesellschaft ist. Hat die Konsumgesellschaft uns wirklich so im Griff, dass sie bestimmt, ob Menschen straffällig werden?
„Elias“, Produktion: ÜberRot, Regie: Jacek Kubaczynski, Förderung: 9.500 Euro
Eine alleinerziehende Mutter versucht ihrem kranken Sohn zu helfen. Bei ihren Bemühungen stellt sich jedoch ihr eigener Stolz in den Weg – was fatale Folgen nach sich zieht. Ein Film, der den Zuschauer dazu zwingt, genau zu beobachten, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Nach einer wahren Begebenheit.
Drehbuchförderung
„Wieder alleine“, Autor: Antonelli Scarpelli, Förderung: 10.000 Euro
Ein sechzigjähriges Ehepaar aus Süditalien beschließt aufgrund der fortschreitenden Krankheit des Mannes, den Sohn in Deutschland zu besuchen, der dort ein Künstlerdasein führt und sich von Job zu Job hangelt. Die anfängliche Wiedersehensfreude wird bald von der Tatsache gedämpft, dass der Sohn keine Zeit für seine Eltern findet.
Postproduktion
„Vater, siehst du nicht, dass ich verbrenne“, Produktion: scöhfett Filme, Regie: Susann Maria Hempel, Förderung: 30.000 Euro
Der experimentelle Dokumentarfilm ist der erste Teil einer Heimattrilogie. Bewohner von Greiz in Thüringen feiern ein fiktives Abschiedsfest. Knapp ein Dutzend erwerbsloser und erwerbsunfähiger Personen teilen sich die Henkersmahlzeit, spielen Lieblingslieder und zukünftige Begräbnismusik und verfassen Abschiedsbriefe.
„I like Serbia“, Regie: Lidija Mirković, Förderung: 25.000 Euro
Hamze, in Geldnot, Ahmad, krank, Amrullah, minderjährig und von Heimweh geplagt – drei junge Männer sind entschlossen, auch die letzte Hürde ihres Weges zu bezwingen. Hinter dem Grenzzaun zu Ungarn wartet die versprochene Zukunft: Europa. Der Dokumentarfilm zeigt den unbezwingbaren Willen des Menschen, in Freiheit leben zu wollen.
Als Jury für die Förderentscheidungen im Bereich Produktion benannte das Filmbüro NW Regisseur Jan Bonny, Dokumentarfilmregisseur Thomas Heise und Produzentin Christine Kiauk.
Nächster Einreichtermin für die Vereinfachte Förderung Produktion ist der 11. Dezember.