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Die Realität wird virtueller

Immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit in den neuen Medien.“ Das erklärte Michel Reilhac von Arte zur Einstimmung auf den dritten Tag des Filmkongress im Rahmen des 24. Medienforum.NRW, den Michael Rueger von Super RTL moderierte. Zum Abschluss des Filmkongress stand daher noch einmal in Kooperation mit dem Mediencluster NRW gezielt die Frage nach neuen Inhalten und entsprechenden Beispielen im Mittelpunkt. „Präsenz ist heute nicht mehr nur durch physische Anwesenheit definiert“, erklärte der Exekutivdirektor von ARTE France Cinéma zur Einführung in das Thema. Interfaces als Mittler zwischen Realität und Virtualität seien entscheidend und heute durchlässiger und interaktiver als je zuvor: Mehr denn je können Menschen in Geschichten involviert werden. Wie das konkret aussieht, führte anschließend Liz Rosenthal, die Geschäftsführerin der Londoner Beratungsfirma „Power to the Pixel“ vor: Auf der Seite „http://highrise.nfb.ca“ etwa werden persönliche Geschichten von Menschen rund um die Welt gezeigt. Oder die Webpage „18daysinegypt.com“. Hier waren alle Ägypter aufgerufen, mit Fotos, Videos und dem Austausch über soziale Netzwerke die Wahl zu begleiten. „Interfaces, mit denen die Menschen gemeinsam Inhalte sammeln und zusammenstellen können, sind die Zukunft“, prognostizierte die Britin.

Dass die Sender angesichts dieser Erwartungen nicht untätig belieben können und wollen, verdeutlichte Florian Hager von ARTE: „Wir wollen unseren Sender komplett umbauen, so dass es keinen Unterschied zwischen TV und Internet mehr gibt.“ Die Sender hätten endgültig ihr Produktions-, Distributions- und Endgeräte-Monopol verloren. Insofern wird ZDFneo vom Mutterhaus als Laboratorium gesehen, um Alternativen zu finden. So schilderte es der CvD des ZDFneo Lab, Slaven Pipic. Als Beispiel verwies er auf das „TV Lab“: Zuschauer konnten sich verschiedene Piloten anschauen und dann über Internet entscheiden, welcher Pilot auf ZDFneo in Serie gehen sollte. Gute Erfahrungen hatte auch der SWR gemacht, als bei der Tatortfolge „Der Wald steht schwarz und schweiget“ anschließend über ein Onlinespiel der Täter ermittelt werden konnte. „100.000 Nutzer spielten das Spiel, und es gab 13 Millionen ausgeführte Aktionen“, berichtete die verantwortliche Redakteurin Melanie Wolber.

Auch auf Produzentenseite sind neue Ideen gefragt, und an ihnen wird zurzeit verstärkt gearbeitet. Der Dokumentarfilmproduzent Christian Beetz etwa möchte mit „Die Kulturakte“ wieder junge Menschen für das Thema Kultur gewinnen: „Wir verwenden Erzählformen, die in der jungen Zielgruppe erfolgreich sind. Die Verfilmung zum Leben von Heinrich von Kleist haben wir als Crime Story erzählt.“ Und „Die Akte Wagner“ wird nicht nur als modern erzählte TV-Doku realisiert, sondern auch als App und als Graphic Novel verarbeitet.

Thomas Kufus von zero one film hat bereits vor zwei Jahren Erfahrungen mit dem interaktiven Format „24h Berlin“ gemacht. Die Darstellung von 24 Stunden Großstadt, mit Unterstützung des Publikums, wird er demnächst auf Jerusalem übertragen. Wie sehr die Medienformen mittlerweile ineinanderfliessen, zeigte Stefan Lübbe vom Bastei Lübbe Verlag: „Mit unserer Abteilung Bastei Entertainment wollen wir eine 360 Grad–Auswertung erreichen, zum Beispiel mit der Webnovel ‚Apocalypsis’, die als Multimediformat auch Video- und Audiofiles beinhaltet.“

Wie wichtig der Standort Nordrhein-Westfalen als Schnittstelle der verschiedenen Mediengattungen ist, zeigt sich an der Gründung eines UFA Labs in Köln. Diese kündigte der Geschäftsführer des UFA Lab Jens-Uwe Bornemann, Vice President Digital Ventures & Innovation der UFA, und zugleich Leiter des UFA Lab in Berlin auf dem Filmkongress an. „Die Ansiedlung des UFA Labs ist ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg, junge Entwickler auch im Bereich neuer Medien in NRW zu fördern und zu vernetzen“, kommentierte die Geschäftsführerin der Film und Medienstiftung NRW, Petra Müller, diesen Schritt.

Dass die Aus- und Weiterbildung für die Medienwirtschaft im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands sowieso ein Kardinalthema ist, zeigte auch die sechste Staffelübergabe des AV-Gründerzentrums im Rahmen des Medienkongress: 14 Stipendiaten waren zum Start in die Selbstständigkeit ein Jahr lang vom AV-Gründerzentrum NRW begleitet worden. Sie alle sind nun auf einem erfolgreichen Weg. Die nächste Gruppe junger Medienunternehmer, die gefördert werden soll, steht schon bereit. „90 Prozent der Geförderten bleiben in Köln“, freute sich der Geschäftsführer des Gründerzentrums, Joachim Ortmanns