Drama Series Days Tag 1: Panels und Showcases
Diverse hochkarätig besetzte Diskussionsrunden und Showcases bildeten den Schwerpunkt des Eröffnungstages der Drama Series Days im Rahmen der Berlinale. Experten, Protagonisten und Macher trafen sich seit dem Morgen im Berliner Zoo Palast.
Opening Session und Keynote
Die Drama Series Days feiern ein kleines Jubiläum. Im Berliner Zoo Palast ist am Montag, 11. Februar, die fünfte Ausgabe der Präsentations- und Vermarktungsplattform für internationale High-end-Serien im Rahmen des European Film Market (EFM) der Berlinale eröffnet worden. Die Drama Series Days, eine gemeinsame Initiative der Berlinale Industry Plattformen EFM, Berlinale Co-Production Market und Berlinale Talents, werden von Beginn an von der Film- und Medienstiftung NRW als offiziellem Hauptpartner unterstützt. Matthijs Wouter Knol, Direktor des EFM, die Berlinale-Series-Leiterin Solmaz Aziz und Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung, eröffneten die Veranstaltung mit kurzen Reden. Müller blickte dabei noch einmal auf die Geschichte der Drama Series Days seit 2015 zurück. Die Hoffnung der Initiatoren, dass sich eine Plattform für High-end-Serien im Rahmen der Berlinale bewähren könne, sei vollauf bestätigt worden. Man sei stolz auf die Entwicklung des Events und auch darauf, dass in diesem Jahr beim ersten Showcase gleich drei filmstiftungsgeförderte Produktionen präsentiert würden. Als erster Programmpunkt der DSD 2019 stand anschließend ein Keynote-Interview auf dem Programm, in dem der deutsche Autor und Regissseur Edward Berger („Deutschland ´83“) über seine Arbeit berichtete. Mit Serien wie „The Terror“ oder „Patrick Melrose“ ist er mittlerweile auch auf angloamerikanischem Terrain aktiv. Im Berlinale-Panorama läuft in diesem Jahr sein filmstiftungsgeförderter Film „All my Loving“. Durch die neuen Auswertungsmöglichkeiten mit Streaming-Plattformen wie Netflix oder Amazon ergäben sich auch für ihn immer wieder neue Möglichkeiten. So habe es ihm bei den Verhandlungen zu „Patrick Melrose“ geholfen, dass den Produzenten sein Film „Jack“ aus dem Jahr 2014 schon bekannt gewesen sei. Noch vor wenigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass eine solch kleine deutsche Produktion international hätte wahrgenommen werden können, führte Berger aus. Die britisch-amerikanische Miniserie „Patrick Melrose“, mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle, sieht der deutsche Filmemacher auch als Beispiel dafür, dass es wichtig sei, an Herzensprojekten festzuhalten. Bereits vor 25 Jahren, als er die Romane von Edward St Aubyn gelesen habe, sei für ihn die Idee einer Verfilmung entstanden. Die wachsende Bereitschaft von Produzenten und Sendern, in Serien zu investieren, habe ihm nun geholfen, seine Pläne in die Tat umzusetzen. In der deutschen TV-Landschaft wünsche er sich noch mehr Bereitschaft zur Innovation, so Berger weiter. Er sei überrascht, dass nach wie vor so viele klassische 90-Minüter produziert würden. Die finanziellen Mittel hierfür sähe er zum Teil besser im Serien-Bereich aufgehoben.
Facing new challenges and opportunities: Streaming Services and TV
Über die Herausforderungen und Chancen, die sich für TV-Produzenten und klassische Sender aus dem Markteintritt von Streaming-Plattformen wie Netflix ergeben, diskutierten Branchenvertreter am Montag, 11. Februar, bei den Drama Series Days im Berliner Zoo Palast. Das Panel wurde in Kooperation mit der Film- und Medienstiftung NRW veranstaltet. Brian Pearson, Director EMEA Co-Productions and Acquisitions von Netflix, stellte dabei klar, dass sein Unternehmen nicht prinzipiell gegen das Kino arbeite, sondern für jeden seiner Inhalte die optimalen Auswertungsmöglichkeiten suche, um sie einem möglichst großen Publikum zugänglich zu machen. Die Produzenten von Filmen und Serien ermutigte er, sich noch verstärkter lokalen Themen zu widmen. Netflix verzeichne große Erfolge mit synchronisierten Programmen. Wenn die Inhalte interessant und in ihrer Sprache verfügbar seien, spiele es für die Zuschauer keine Rolle, in welchen Ländern sie gedreht seien. Sabine de Mardt, die seit dem vergangenen Jahr die deutsche Niederlassung der französischen Produktionsfirma „Gaumont“ leitet, konnte gleich ein anschauliches Beispiel präsentieren: Ihr Unternehmen produziert für Netflix „The Barbarians“ über die Schlacht zwischen Germanen und Römern im Teutoburger Wald. David Kessler, General Director, der Pariser Produktionsfirma Orange Studio, ging in der Diskussion davon aus, dass es in Zukunft noch mehr Plattformen geben werde, auf denen Filme und Serien ausgewertet werden können. Vor diesem Hintergrund sei es wichtig, besonders eigenständige Inhalte zu entwickeln, die sich von der Masse abheben. Dies bestätigte auch Nathalie Biancolli, SVP Acquisitions & Coproduction bei France TV. Das öffentlich-rechtliche französische Fernsehen hat im vergangenen Jahr eine Koproduktionsallianz mit der italienischen RAI und dem deutschen ZDF geschlossen, um verstärkt fiktionale Serien zu realisieren. France TV müsse in der Auswahl seiner Stoffe kreativ sein und sich auch in neuen Genres versuchen, führte Biancolli aus. Hierbei sei es von entscheidender Bedeutung, mit kompetenten Kreativen zusammenarbeiten zu können. Auch alle anderen Panel-Teilnehmer betonten die wichtige Rolle, die der Ausbildung neuer Talente und der Spezialisierung gestandener Fachleute zukomme. Das Berufsbild des Showrunners sei beispielsweise in Deutschland lange Zeit gar nicht existent gewesen, berichtete Sabine de Mardt, wenngleich es viele hochkarätige Autoren gäbe.
Showcase: Upcoming Series from Germany
Im ersten Showcase der Drama Series Days 2019 standen neue deutsche Serien auf dem Programm. Im Zoo Palast wurden Ausschnitte aus drei Produktionen gezeigt, die allesamt von der Film- und Medienstiftung NRW gefördert worden sind. Moderator Ali May lud jeweils anschließend Mitwirkende zu kurzen Interviews auf die Bühne. Zur Präsentation der Serie „Das Wichtigste im Leben“ (Bantry Bay Productions für Vox) waren Hauptdarsteller Jürgen Vogel und Chefautor Richard Kropf nach Berlin gekommen. Während Kropf den Stoff als recht normale Familiengeschichte einstufte, lobte Vogel schmunzelnd die kleinen Verrücktheiten im Drehbuch, die den sechsfachen Vater ein wenig an sein eigenes Leben erinnerten. Der Schauspieler sprach ein großes Lob an die Autoren aus. Ihre Arbeit sei ein Geschenk für einen Darsteller gewesen. Zahlreiche Lacher ernteten die Ausschnitte aus „Andere Eltern“ (eitelsonnenschein Filmproduktion für TNT Comedy), die anschließend von Regisseur, Autor und Produzent Lutz Heineking jr. und Hauptdarstellerin Lavinia Wilson kommentiert wurden. Das Besondere an der Serie: Die Dialoge sind komplett improvisiert. Es habe eine Storyline gegeben, die den Darstellern jedoch immer erst kurz vor dem Dreh mitgeteilt worden sei. Diese Arbeitsweise sei wichtig gewesen, um den gewünschten Effekt einer „Mockumentary“ zu erzielen, kommentierte Heineking jr. Zum Abschluss des Showcases stellten Produzent Thomas Kufus und Regisseur und Autor Lars Kraume die Serie „Die neue Zeit“ (zero one mit film Constantin Television und Nadcon für ZDF/Arte) vor, die die Geschichte der berühmten, vor 100 Jahren gegründeten Bauhaus-Kunstschule nachzeichnet. Als Darsteller wirken u. a. August Diehl und Anna Maria Mühe mit. Die Idee zur Serie sei während der gemeinsamen Arbeit an dem Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ entstanden, berichtete Kufus. Im Idealfall solle die Produktion drei Staffeln umfassen, führte Kraume aus. Die ersten sechs Folgen erzählten über die Entstehung des Bauhaus in Weimar bis zu dessen Umzug nach Dessau.
Showcase: Face to Face with German Films
Drei junge deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler berichteten am Montag, 11. Februar bei einem Showcase im Rahmen der Drama Series Days, das von German Films in Zusammenarbeit mit Variety veranstaltet wurde, über ihre Arbeit. Maria Dragus, die schon als Jugendliche in Michael Hanekes „Das weiße Band“ einen großen Erfolg feierte, erinnerte sich an die Zusammenarbeit mit dem renommierten österreichischen Regisseur: Haneke habe eine sehr genaue Vorstellung davon, wie seine Filme aussehen sollten. Dementsprechend habe er dafür gesorgt, dass die Darsteller immer sehr gut vorbereitet am Set erschienen seien. Sie habe nie gezielt den Wunsch gehabt, Schauspielerin zu werden, so Dragus, die auch eine klassische Tanzausbildung absolviert hat. Letztlich habe es sich aber so ergeben. Luise Heyer bezeichnete ihre Mitwirkung in Edward Bergers „Jack“ im Jahr 2014 als besonderes Erlebnis, das sie in ihrer Berufswahl als Schauspielerin bestärkt habe. Der Film hatte damals mehrere Auszeichnungen erhalten und war auch für den Wettbewerb der Berlinale ausgewählt worden. Mittlerweile hat Heyer in zahlreichen Produktionen mitgewirkt, darunter auch die Netflix-Serie „Dark“. Die Möglichkeit, durch die Auswertung auf Streaming-Plattformen ein viel breiteres, auch internationales Publikum zu erreichen, war dementsprechend ein Thema auf dem Panel. Der Umbruch in der TV-Landschaft fühle sich ein wenig an wie jener in den 20er Jahren, als der Stummfilm vom Tonfilm abgelöst worden sei, befand Dragus. Auch für Fahri Yardim, als Darsteller u. a. bekannt aus „Tatort“ und „jerks.“, hat es einen besonderen Reiz, mit einer Serie plötzlich Zuschauer in der ganzen Welt zu erreichen. Im Fall der Netflix-Serie „Dogs of Berlin“, in der er einen homosexuellen deutsch-türkischen Polizisten spielt, habe dies aber nicht nur positive Effekte gehabt. Die Serie sei offenbar auch in der Türkei sehr populär. Von dort habe er auch einige nicht allzu freundliche Rückmeldungen bekommen. Yardim kündigte auf dem Podium an, als Mitgesellschafter von Bon Voyage Films künftig auch selbst verstärkt als Film- und TV-Produzent sowie als Autor und Regisseur aktiv zu werden.