Drama Series Days Tag 2
Mit weiteren hochkarätig besetzten Diskussionsrunden und Showcases ging es auch an Tag 2 der Drama Series Days im Rahmen der Berlinale weiter. Experten, Protagonisten und Macher trafen sich seit dem Morgen im Berliner Zoo Palast.
Opening Session und Keynote
Behind the Curtain: Platforms and their Strategies
Die Geschäftsmodelle und Zukunftspläne von neuen Bewegtbild-Plattformen waren am Dienstag, 12. Februar, Thema bei einem Panel im Rahmen der Drama Series Days im Berliner Zoo Palast. Adrian Garelik, CEO und Mitgründer von Flixxo, stellte zunächst im Gespräch mit Moderatorin Meredith Burkholder (CEO, Webfest Berlin) sein in Gibraltar gegründetes Unternehmen vor, das ein Community-basiertes Videoangebot mit einem Bezahlmodell unter Einsatz von Kryptowährung verbindet. Die Zielgruppe von Flixxo seien mobile Internetnutzer, der inhaltliche Fokus liege auf Dramaserien im Kurzformat. In Zukunft wolle man bei der Ansprache der Nutzer noch stärker auf Datenauswertung setzen, so Garelik weiter. Dabei sei es zum Beispiel denkbar, Reaktionen auf bestimmte Inhalte anhand von Smartwatch-Aufzeichnungen zu analysieren. Einen klassischeren TV-Ansatz verfolgt hingegen das mittlerweile u. a. auch in deutschen und österreichischen Markt präsente US-Unternehmen Pluto TV, dessen Managing Director Europe Olivier Jollet am Panel in Berlin teilnahm. Die Streaming-Plattform, an der auch Sky und ProSiebenSat.1 beteiligt sind, setzt auf lineare, werbefinanzierte Kanäle mit einem breit gefächerten Themenangebot von Spielfilmen und Serien bis hin zu Sport und Nachrichten. Bei der Gründung vor vier Jahren hätte kaum ein Content-Produzent Interesse an dem Geschäftsmodell von Pluto TV gehabt, führte Jollet aus. Dies habe sich mittlerweile deutlich geändert. Die ebenfalls in den USA gegründete Plattform Vimeo zählt laut Jeffrey Bowers, der dort als Senior Curator fungiert, mittlerweile weltweit mehr als 80 Millionen Abonnenten. Content-Anbieter könnten entscheiden, in welcher Form und zu welchen Konditionen sie ihr Material auf Vimeo zugänglich machen wollten und dafür Tools des Unternehmens nutzen, erklärte Bowers. In Form sogenannter „Staff Picks“ machten die Mitarbeiter der Plattform auf aus ihrer Sicht besonders interessante Inhalte aufmerksam. Doch die Inhalteanbieter seien auch selbst gefordert, die Community anzusprechen, führte er aus. Wenn sie sich selbst nicht für ihr Produkt interessierten, werde Vimeo dies auch nicht tun.
Writer Driven: The Showrunner Entrepreneur
Der Showrunner, die ursprünglich vor allem in Amerika übliche Kombination aus Autor und Executive Producer, spielt auch in der europäischen TV-Serienproduktion eine immer bedeutendere Rolle. Am Dienstag, 12. Februar, war dies Thema bei einem Panel im Rahmen der Drama Series Days in Berliner Zoo Palast, das von der Medienrechtskanzlei Unverzagt von Have veranstaltet wurde. Anna Winger, die mit ihrem Ehemann Jörg die RTL-Serien „Deutschland 83“ und „Deutschland 86“ erdacht und geschrieben hat, berichtete im Gespräch mit Moderator Christoph Fey zunächst über ihren Werdegang. 15 Jahre habe sie als Fotografin gearbeitet und erst dann mit dem Schreiben begonnen. Auch in ihrem früheren Beruf sei sie schon unternehmerisch tätig gewesen, aber eben auf sich allein gestellt. Die Arbeit an TV-Serien sei hingegen in hohem Maße von der Zusammenarbeit geprägt. Viele Menschen seien erforderlich, um eine solche Produktion zu stemmen. Mit Studio Airlift haben die Wingers mittlerweile auch eine eigene Produktionsfirma an den Start gebracht. Als eines der ersten Projekte entsteht in Zusammenarbeit mit Netflix die Miniserie „Unorthodox“ in jiddischer und englischer Sprache. An diesem Beispiel könne man einmal mehr ablesen, welche Perspektiven die neuen Streaming-Plattformen für die internationale Auswertung von Serien eröffneten, erklärte der israelisch-niederländische Autor Adi Hasak, der als Showrunner unter anderem die NBC-Serie „Shades of Blue“ (2016) verantwortet hat. Er selbst arbeite gerade an einem Projekt in arabischer und hebräischer Sprache. Plattformen wie Netflix hätten in der ganzen Welt eine neue Akzeptanz für nicht-englischsprachige Produktionen geschaffen, führte Hasak aus. So hätten sich auch seine Kinder die Serie „Dark“ in der deutschen Version mit Untertiteln angeschaut. Der mittlerweile gerade auch in Europa sehr starke Serien-Boom eröffne zudem völlig neue Möglichkeiten in der Finanzierung, führte Hasak aus. So sei es in der Entstehungsphase von „Shades of Blue“ recht schnell zur Zusammenarbeit mit NBC gekommen. Heutzutage, so der Showrunner, wäre er mit seinen namhaften Executive Producers Barry Levinson und Jennifer Lopez zunächst in Europa auf Partnersuche gegangen.
The DNA of Israeli Series
Einen Blick hinter die Kulissen der mittlerweile auch international viel beachteten israelischen TV-Serienproduktion gewährte am Dienstag, 12. Februar, ein Panel im Rahmen der Drama Series Days, das vom Medienboard Berlin-Brandenburg präsentiert wurde. Die Budgets für Serienproduktionen seien in Israel sehr klein. Man könne sich daher nicht auf eine opulente Ausstattung oder Spezialeffekte verlassen, sondern müsse sehr viel Wert auf gute Storys legen, erklärte Maria Feldman, die die Erfolgsserie „False Flag“ mitentwickelt und produziert hat, im Gespräch mit Moderator Ali May. Die Produzentin Danna Stern, Managing Director von Yes Studios, führte aus, dass in Israel bereits frühzeitig damit begonnen worden sei, interessante lokale Geschichten zu erzählen, die dann auch international Beachtung fänden. Zunächst seien die israelischen Serienproduktionen vor allem dann außerhalb des Landes bekannt geworden, wenn US-Remakes davon erschienen seien, berichteten die Fernsehmacherinnen. „In Treatment – Der Therapeut“, die auf der israelischen Produktion „BeTipul“ basiert, und „Homeland“ („Hatufim“) seien dafür besonders prominente Beispiele. Den Weg zum internationalen Erfolg für nicht-englischsprachige Serien, wie ihn jetzt auch israelische Produktionen wie „False Flag“ oder „Fauda“ feiern, hätten vor allem skandinavische Krimis wie „Kommissarin Lund“ oder „Die Brücke“ geebnet, befand Feldman. Zuletzt seien aus Israel vor allem Serien aus dem Thriller-Genre international bekannt geworden, dies bilde aber bei weitem nicht das gesamte Spektrum der einheimischen Produktionen ab, betonte Stern. Sie präsentierte Ausschnitte aus der tragikomischen Serie „On the Spectrum“, in deren Mittelpunkt eine WG mit drei jungen Autisten steht. Filmproduzent Eitan Mansuri, dessen Spiro Films derzeit mit den Spielfilmen „The Day After I’m Gone“ und „The Operative“ im Programm der Berlinale vertreten ist, hat in „When Heroes Fly“ ebenfalls eine viel beachtete und preisgekrönte Serie vorgelegt. Darin sei auch ein durchaus kontroverses Thema verarbeitet worden: Es gehe um Kriegsveteranen, die an posttraumatischen Belastungsstörungen leiden, führte er aus. Darüber werde in Israel nicht gerne gesprochen.
Insights: Think Global – It’s All About Distribution
Über die Herausforderungen und Chancen, die sich aus dem Boom auf den internationalen Markt für TV-Serien ergeben, sprachen am Dienstag, 12. Februar, drei Vertriebsspezialisten bei einem Panel im Rahmen der Drama Series Days im Berliner Zoo Palast. Im Gespräch mit Moderator Ali May zeigte Carrie Stein, die als Executive Vice President Global Scripted Series in Los Angeles für die britische Kew Media Group tätig ist, die drastisch veränderte Konkurrenzsituation im Markt auf. Es gebe mittlerweile viel mehr Einkäufer, die sich für Content interessierten. Dies bestätigte Moritz von Kruedener, Managing Director der deutschen Beta Film. Aus Vertriebssicht sei es vor diesem Hintergrund besonders wichtig, frühzeitig attraktive Projekte zu erkennen und sich diese für sein Portfolio zu sichern. Dabei müsse man als Koproduzent oder Kofinanzier auch stärker ins Risiko gehen als früher. Für Emmanuelle Guilbart, die sich als Co-CEO und Mitgründerin der Pariser Firma About Premium Content (APC) auf die Entwicklung, Finanzierung und den Vertrieb von TV-Programmen spezialisiert hat, ist ein proaktiver Ansatz ebenfalls wichtig. APC habe zum Beispiel selbst Buchrechte erworben und entwickle derzeit zwölf Projekte mit Partnern überall auf der Welt. Zunehmend sei man dabei auch beim „Packaging“ gefordert, führte Guilbart aus. Bekannte Darsteller und sonstige Kreative könnten eine wichtige Rolle für den weltweiten Vertrieb spielen. Von Kruedener wies in diesem Zusammenhang auf die norwegische Serie „Atlantic Crossing“ hin, an der Beta Film beteiligt ist. Zwar werde darin die bislang fast nur in Norwegen bekannte Geschichte der Kronprinzessin Märtha während des Zweiten Weltkriegs in den USA erzählt, Darsteller wie Kyle MacLachlan oder Sofia Helin seien jedoch international bekannt. Den Markeintritt der neuen Streaming-Plattformen bewerteten die Vertriebsexperten grundsätzlich positiv. Netflix zum Beispiel habe viel dazu beigetragen, dass nicht englischsprachiger Content in der ganzen Welt verbreitet werde, befand von Kruedener. Allerdings sei es nicht immer sinnvoll, den Streamern die von ihnen gewünschten Ausstrahlungsrechte für die ganze Welt zu überlassen, führte Carrie Stein aus. Es müsse von Projekt zu Projekt neu bewertet werden, ob diese Auswertungsform für den jeweiligen Inhalt passend sei.