Entertainment: Technologie wird die Inhalte verändern
„Wir werden lernen müssen, die neuen Distributionswege zu verstehen.“ Das riet der operative Geschäftsführer der englischen Produktionsfirma Fremantle, Gary Carter, seinen Kollegen in einer Keynote auf dem Entertainmenttag des Filmkongress in Kooperation mit der Allianz Deutscher Produzenten, der im Rahmen des 24. Medienforum.NRW stattfindet. Carter beschrieb eine kontinuierliche Expansion des TV-Unterhaltungs-Genres in den letzten Jahrzehnten. Durch die steigende Präsenz im Fernsehen und durch die Globalisierung der Branche sei Entertainment zum bedeutenden Faktor im TV-Geschäft geworden: „Was Umsatz und Handel angeht, war 2011 das beste Jahr für die Formateindustrie.“ Die nächste große Unterhaltungsidee sah aber auch er noch nirgends. Die das Genre revolutionierenden Shows wie etwa „Wer wird Millionär“, „Big Brother“ oder „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) bzw. „Pop Idol“ sind schon mindestens zehn Jahre alt. Verstärkt werde diese Situation durch die Zurückhaltung der Fernsehsender, die beim Einsatz von Unterhaltungsformaten lieber kein Risiko mit Innovationen eingehen wollten, sondern auf erprobte und bewährte Inhalte setzten.
Gary Carter (FremantleMedia, London) bei seiner Keynote
Diesen Eindruck bestätigte die anschließende Runde deutscher Unterhaltungsproduzenten, die von Kress-Korrespondent Torsten Zarges moderiert wurde. „Langlebige Formate sollten ständig erneuert werden“, sagte beispielsweise die Geschäftsführerin von Grundy Light Entertainment, Ute Biernat, „bei ‚DSDS’ befinden wir uns mitten in der Überarbeitungsphase. Der Druck jedenfalls wird größer, weil es ‚more of the same’ im Markt gibt.“ Dass heute noch „Mega-Formate“ möglich sind, die die gesamte Fernsehgemeinde begeistern, bezweifelte der Geschäftsführer der Produktion Prime Productions, Georg Hirschberg: „Das Fernsehpublikum hat sich differenziert. Ich würde das mit der Entwicklung bei den Zeitungskiosken vergleichen, deren angebotene Titel sich in den letzten zehn Jahren vervielfacht haben. Wir erleben eine gigantische Segmentierung.“ Der Geschäftsführer von Filmpool, Stefan Oelze, richtete daher eine Forderung an die öffentlich-rechtlichen Sender: „Es sollte mehr Möglichkeiten geben, neue innovative Formate zu erproben. So wie es bei ZDF Neo schon der Fall ist.“ Welche Hürden Unterhaltungsproduzenten bei den Sendern sonst noch zu überwinden haben, offenbarte der Geschäftsführer von Eyeworks Germany, Oliver Fuchs: „Als wir vor kurzem bei ProSieben eine Formatidee vorgeschlagen haben, wurde von uns verlangt, dass wir sämtliche Vermarktungsrechte an den Sender abgeben. Wahrscheinlich werden wir aus diesen Gründen das Projekt absagen müssen.“
Abschließend berichtete dann Jörg Grabosch über seine Erfahrungen in Baku. Der Chef von Brainpool hatte dort den 57. Eurovison Song Contest produziert: „Das war in erster Linie eine logistische Herausforderung.“ Beeindruckt war der Produzent davon, dass in diesem Fall Fernsehen mehr sei als ein bloßes Format: „Es war ein Fenster in die Welt.“