Film trifft Literatur: Auf Zeitreisen mit "Rubinrot" in Köln
Auf eine Zeitreise konnte sich das Publikum gestern Vormittag im Residenz Kino in Köln begeben. Noch vor dem offiziellen Filmstart präsentierte die Film- und Medienstiftung NRW die Verfilmung des Fantasy-Bestsellers „Rubinrot“ von Kerstin Gier im Rahmen der Reihe „Film trifft Literatur“, die die Filmstiftung während der lit.Cologne veranstaltet. Seit drei Jahren bereits besteht die Kooperation zwischen dem Literaturfestival und der Filmstiftung. In hochkarätigen Fach- und Publikumsveranstaltungen werden Vertreter aus Film und Literatur miteinander vernetzt. Unter den 150 Zuschauern in der Astor Lounge waren zahlreiche junge Mädchen, die gespannt der ersten Verfilmung des Jugendbuches entgegenfieberten, das sich allein in Deutschland eine Million Mal Mal verkauft hat.
Produzent Philipp Budweg, Josefine Preuß, Drehbuchautorin Katharina Schöde, Hans W. Geißendörfer
Die Produzenten Hans. W. Geißendörfer (Geißendörfer Filmproduktion) und Philipp Budweg (Lieblingsfilm), Drehbuchautorin Katharina Schöde (mem-film) sowie Schauspielerin Josefine Preuß stimmten im Gespräch auf den Film von Regisseur Felix Fuchssteiner („Die Kurve“, „Draußen am See“) ein. Zudem präsentierte Preuß, die in „Rubinrot“ die Lucy spielt und sämtliche Hörbücher von Kerstin Giers Trilogie eingelesen hat, zwei Kapitel aus dem Buch. So hatte das Publikum anschließend bei der Preview die Möglichkeit, die literarische Vorlage direkt mit der filmischen Umsetzung zu vergleichen.
Dass der Hyde Park hier eigentlich der Kölner Stadtwald ist und die Themse der Rhein, fiel wahrscheinlich nur den Kennern auf. Denn gedreht wurde die deutsche Produktion in NRW (Köln, Aachen und Jülich), Thüringen und Bayern. Lediglich vier Drehtage fanden in London statt, wo die Geschichte um die junge Gwendolyn (Marie Ehrich) eigentlich spielt. Sie entdeckt eines Tages, dass sie das Gen besitzt, das sie zu Zeitreisen befähigt. Gemeinsam mit Gideon (Jannis Niewöhner) gehört sie nun zu einem Geheimbund und reist sie in die Vergangenheit, um eine Intrige aufzudecken. Zwischen den beiden entspinnt sich eine zarte Romanze.
„Unsere Intention war es, auf Deutsch mit deutschen Schauspielern in Deutschland zu drehen“, sagte Produzent Budweg. Die literarische Vorlage sei „eine tolle Geschichte“, die ein bisschen an Harry Potter erinnert, in der es auch eine Liebesgeschichte gibt wie in „Twilight“ – ohne Vampire, dafür aber mit Zeitreisenden. Als Herausforderung für sie als Drehbuchautorin sieht Schöde, die mit Regisseur Felix Fuchssteiner verheiratet ist und auch die Ko-Regie übernommen hat, den Geist und die Atmosphäre des Buchs zu erhalten und trotzdem etwas Eigenständiges zu schaffen, indem man die Geschichte verdichtet. Da die beiden folgenden Teile der Trilogie zu dem Zeitpunkt noch gar nicht existierten, waren sie auch auf Mithilfe von Autorin Kerstin Gier angewiesen, die ihnen verriet, welchen Figuren in den folgenden Teilen noch eine große Bedeutung zukommt.
Ob auch diese auch verfilmt werden, darüber entscheidet nun der Erfolg beim Publikum. Budweg: „Wir wären bereit für ,Saphirblau', den zweiten Teil.“ Kerstin Gier habe sich nicht ins Drehbuchschreiben eingemischt und den Filmemachern vertraut, auch wenn Schöde teilweise eigene Ideen einbauen musste. Für ein eigenständiges Ende von „Rubinrot“ im Kino hat Schöde einen romantischen „Kirschblütenball“ an der Schule von Gideon und Gwendolyn erfunden. Mit begeistertem Applaus bedankte sich das Publikum am Ende des Films beim Team, das anschließend auch für Fragen zur Verfügung stand.
Für Hans W. Geißendörfer war „Rubinrot“ die erste Begegnung mit dem Fantasy-Genre. „Fantasy gehört zur Unterhaltungsliteratur, auch zur Trivialliteratur, die bestimmte Leute verachten“, sagte der Produzent und Regisseur. Doch Gier sei so erfolgreich, weil sie das Genre, nach dem sich viele Leute sehnen, gekonnt bediene: „Raus aus dem Alltag, raus aus der ,Lindenstraße', und rein in die Fantasiewelt“, lautet für Geißendörfer das Motto. Er gab zu, dass er etwas ängstlich gewesen sei, an dem Projekt teilzunehmen, denn er käme eigentlich aus einer Ecke, in der diese Filme fälschlicherweise nicht ernst genommen würden. Geißendörfer: „Ich habe nun gelernt, dass es absolut perfektes Kino ist.“
Das Budget von 6,4 Millionen Euro sei relativ hoch, so Geißendörfer, dafür, dass kein Fernsehsender an der Produktion beteiligt sei. „Im Vergleich mit anderen Genrefilmen ist das Budget jedoch sehr klein“, sagte Katharina Schöde. Auf internationaler Ebene würde so ein Film eher 40 Millionen Dollar kosten – „so sieht er auch aus“, meinte Geißendörfer. Kamera, Musik, Stunts, Actionszenen und jede Menge Spezialeffekte seien auf internationalem Niveau. Auch wenn die deutsche Sprache eine internationale Auswertung etwas erschwere, rechnen sich die Filmemacher große Chancen aus. Es gebe bereist Anfragen von Verleihern aus dem europäischen Ausland. Mit 300 Kopien startet „Rubinrot“ am Donnerstag in Russland zeitgleich mit Deutschland, wo Concorde Verleih den Film in die Kinos bringt. Wie gut das Publikum der Preview tatsächlich im Film aufgepasst hatte, konnte es bei der abschließenden Verlosung von Filmplakaten unter Beweis stellen, bei der es galt, Fachfragen zum Film zu beantworten.
„Rubinrot“ ist eine Produktion von Lieblingsfilm, mem film, Tele München/Concorde und GFF und wurde von der Film- und Medienstiftung NRW, sowie
FilmFernsehFonds Bayern (FFF), Filmförderungsanstalt (FFA) und der Mitteldeutschen Medienförderung
gefördert. Neben den genannten Darstellern wirken u.a. auch Veronica Ferres, Katharina Thalbach, Uwe Kockisch, Axel Milberg, Gottfried John, Rüdiger Vogler, Peter Simonischek und Sibylle Canonica mit.
Die gestrige Preview stellte den Auftakt der Reihe „Film trifft Literatur“ der Film- und Medienstiftung NRW im Rahmen der lit.Cologne dar. Ziel der Reihe exklusiver Publikums- sowie Fachveranstaltungen ist der Austausch über die Entstehung einer Literaturverfilmung, die Entwicklung vom Buch zum Drehbuch und ihre filmische Umsetzung. Am Mittwochabend folgen in der Reihe „Literatur“ ein Werkstattgespräch zu „Schoßgebete“ mit Charlotte Roche (Autorin), Oliver Berben (Constantin Film), Lavinia Wilson (Schauspielerin), Sönke Wortmann (Regisseur) und Tom Spieß (Little Shark)
sowie ein Screening und ein Filmgespräch zu „Quellen des Lebens“ mit Stefan Arndt ( X Filme) und Oskar Roehler (Autor und Regisseur).