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Film und Medien Stiftung NRWNewsNewsFilm- und Medienstiftung NRW fördert 11 Hörspielprojekte

Film- und Medienstiftung NRW fördert 11 Hörspielprojekte

Die Film- und Medienstiftung NRW vergibt Arbeitsstipendien für elf Projekte von Hörspielmacher:innen in Höhe von insgesamt 44.000 Euro. Die entsprechenden Empfehlungen erarbeitete der Beraterstab in der dritten Sitzung des laufenden Jahres.

„Dodomu – Nach Hause“, Jochen Langner (Köln), 5.000 Euro
Sieben Frauen aus Belarus, Russland und der Ukraine erzählen aus ihren Leben, berichten über ihre Erlebnisse und Erinnerungen vom Zusammenbruch der Sowjetunion und den darauffolgenden Umbrüchen bis in die aktuelle Krisenzeit rund um den Angriffskrieg in der Ukraine. Emotionale Wahrheiten, Träume, Reflexionen und Zukunftsausblicke, die durch die Erinnerungstexte des Essays „Treppenhaus in Minsk“ der belarussischen Journalistin Maryna Rakhlei und einer ukrainischen Lyrikerin ergänzt werden.

„Die Geschichte der Republik Shkid“, Jannis Funk (Berlin), 5.000 Euro
Eine Gruppe von jüdischen Jungen zwischen 12 und 16 Jahren gibt 1943 mitten im Konzentrationslager Theresienstadt heimlich ein Kulturmagazin heraus: „Vedem“. Unter der Führung des 14-jährigen Petr Ginz veröffentlichen die Jungen Gedichte, Reportagen, Zitate, Glossen und Sportergebnisse. An einem der dunkelsten Orte der Geschichte finden sie Gründe für Hoffnung und erhalten sich den Glauben an das Gute im Menschen. Von den über 90 Jugendlichen überlebt nur ein Dutzend. Der Autor will Interviews in Prag und Theresienstadt führen und neben ausführlichen Archivrecherchen auch das „Vedem“-Archiv übersetzen.

„Fiktionale Hörspielserie über LGBTQIA Sexarbeiter*innen“,
Lena Deser & Nick Julian Lehmann (Berlin), 4.000 Euro

Die Serie lädt ein, in die Welt von fünf queeren Sexarbeiter:innen einzutauchen. Basierend auf einer umfangreichen Recherche, narrativen Interviews und autoethnografischen Reflexionen der Autorin, erzählt sie in fünf Episoden einfühlsam und humorvoll nuancierte Geschichten jenseits der klischeebeladenen Narrative. Dabei werden Fragen rund um Identität, Körper, Geschlecht, Begehren, Unterdrückung, Freiheit und Gerechtigkeit verhandelt. Dabei wird nicht über Menschen gesprochen, die Menschen sprechen selbst.

„Alleinsam“ (AT), Philipp Blömeke mit Larissa Bischoff & Lena Entezami (Bochum), 4.000 Euro
Das Hörspiel zum Thema Einsamkeit basiert auf Selbstaussagen, Zeugnissen und Berichten von Menschen, die Einsamkeitserfahrungen gemacht haben oder immer noch machen. Einsamkeit wird als Gefühl allein erlebt und gleichzeitig immer häufiger. So wird sie ein gesellschaftliches Problem Vieler. Über das Phänomen „gesellschaftliche Vereinsamung“ kollektiv Einzelner möchten das Stück anhand von collagierten Selbsterzählungen und Geschichten berichten.

„AUF EWIG DEIN“, Gesine Schmidt (Berlin), 4.000 Euro
Erzählt wird die Geschichte von Erik, einem Informatiker mit dem Forschungsgebiet Künstliche Intelligenz, der an Krebs stirbt, aber seine Frau nicht alleine, sondern mit seinem KI-basierten Zwilling, zurücklässt. Sein virtueller Doppelgänger speist sich aus Erinnerungen in Form von Text- und Sprachnachrichten, Videotagebüchern und Emails. Durch Interaktion mit der realen Welt soll sich das KI-System selbstständig weiterentwickeln um seiner Frau als digitaler Bot und Avatar-Partner erhalten zu bleiben. Seine Frau Julia ist davon gar nicht begeistert, doch nach Eriks Tod sind ihr Schmerz und die Trauer so groß, dass sie der Versuchung erliegt.

„Flog ein Vogel federlos“, Christine Nagel (Berlin), 4.000 Euro
Das Stück verarbeitet in Erinnerungs-Splittern die Erlebnisse einer Frau, die als Jugendliche wegen Magersucht in einer Jugendpsychiatrie behandelt wurde. Nun, als Erwachsene, versucht sie die einschneidenden Erfahrungen anhand von Tagebuch-Aufzeichnungen, Protokollen und szenischen Momenten zu rekonstruieren. Mehrere Perspektiven verschränken sich ineinander und zeigen auf, dass es die eine richtige Geschichte nicht gibt. Die Autorin absolvierte dafür ein Praktikum in einer Jugendpsychiatrie und stützt sich hier auf ein Fallbeispiel.

„Mangi Melis Kopf“, Caroline Nokel (Köln), 4.000 Euro
Das dokumentarische Feature begleitet Mnyaka Sururu Mboro, der seit 40 Jahren in Deutschland lebt und seiner Großmutter versprochen hat, den Schädel von Manga Meli aus Moshi in Tansania zu finden. Meli leistete Widerstand gegen die deutschen Kolonialherren, die seinen Schädel abtrennten und ihn nach Deutschland mitnahmen. Mboro versucht seit Jahrzehnten herauszufinden, ob der Schädel in einem Museums- oder Krankenhausarchiv liegt. Bisher haben die Deutschen gemauert, doch nun kommt Bewegung in die Sache. Ein Hörspiel über koloniale Wunden und die Frage, ob Heilung, Wiedergutmachung oder Versöhnung möglich sind.

„Germania“, Lisa Sommerfeldt (Bonn), 3.500 Euro
Ein kritischer Gegenentwurf zu Heiner Müllers „Germania 3 Gespenster am toten Mann“ und der Hörspielfassung von 1996, in der Ulrich Mühe alle Rollen spricht. Das Stück damals spiegelt die schulische, männliche, allgemein als normal empfundene deutsche Geschichtsschreibung. Durch die Besetzung aller Rollen mit einer männlichen Stimme wird die Abwesenheit des Weiblichen im Hörspiel komplett. Was passiert nun also mit der deutschen Geschichte, wenn man den Frauen Stimmen und Redezeit gibt? Ändert sich das Empfinden für die Wichtigkeit von Ereignissen? Wo verschieben sich Akzente und Schwerpunkte? In großer Wertschätzung von Heiner Müller möchte sich die Autorin kritisch und literarisch mit seinem Werk auseinandersetzen.

„Versinkend“, Benjamin Quabeck (Berlin), 3.500 Euro
Wuppertal im Jahr 2079 ist ein sozialer Schmelztiegel mit Pulverfassgefahr, in den die Teenagerin Tini als eine von zigtausenden sogenannten Küstenflüchtlingen gerät. Während ihre behüteten Freunde Franzi und Zeb erkennen müssen, dass sie eine Lüge gelebt haben, sieht Trini eine echte Chance, für eine selbstbestimmte Zukunft zu kämpfen. Geplant ist ein Pilot zu einer (Online-)Serie, die sich mit der Verantwortung für Zukunftsperspektiven in der heutigen Welt auseinandersetzt.

„Dann eben mit Pferd“, Lena Gorelik (München), 3.000 Euro
In der Hörspielkomödie für Kinder ab 8 Jahren kommt mit Mari ist ein geflüchtetes 10-jähriges Mädchen neu auf die Schule. Als sie erfährt, dass ihre Förderklasse als einzige nicht mit auf Klassenfahrt darf, macht sie sich heimlich mit Alfi, Laila und Lailas Pferd dorthin. Es wird hier nicht die Geschichte eines „Flüchtlingskindes“ erzählt, sondern die Geschichte eines starken, eigensinnigen Mädchens, mit seinem eigenen Blick auf die Gesellschaft und auf deutsche Gepflogenheiten.

„Gisela oder auf den Spuren der Willis“, Lisa Spöri (Berlin), 3.000 Euro
Geplant ist ein dokumentarisch-fiktionales Hörstück über die „Sage der Willis“ aus Heinrich Heines „Elementargeister“. Die erstmals von Heine verschriftlichte Volkserzählung dreht sich um die Geister unverheirateter Frauen. Die „Willis“ verlassen um Mitternacht ihre Gräber, um ihrer Tanzlust nahzugehen, die sie während ihres irdischen Daseins nicht ausleben konnten. Die Autorin macht sich auch auf eine experimentelle Spurensuche und hat dabei besonders die Aspekte Autonomie, Schönheit und Jugend sowie Dämonisierung und Entmenschlichung von Frauen im Fokus.

Die Mitglieder des Beraterstabs waren Christiane Florin, Deutschlandfunk, Volker W. Degener, Verband Deutscher Schriftsteller in NRW, und Stefan Cordes, WDR. Die zuständige Förderreferentin für Hörspiel bei der Film- und Medienstiftung NRW ist Anke Morawe. Der nächste Einreichtermin ist
der 15. Februar 2023.