Film- und Medienstiftung NRW fördert 5 Hörspielprojekte
Die Film- und Medienstiftung NRW vergibt Arbeitsstipendien für 5 Hörspielprojekte in Höhe von insgesamt 23.000 Euro. Die entsprechenden Empfehlungen hatte der Beraterstab in seiner ersten Sitzung des laufenden Jahres im März erarbeitet.
Die Projekte im Einzelnen:
„Das Licht der Öffentlichkeit“ von Malte Abraham, Arbeitsstipendium: 6.000 Euro
Der Autor plant eine achtteilige Original-Hörspielserie. Sie basiert auf realen Fällen, die neu zusammengesetzt wurden und eigene Ressentiments sowie mediale Narrative hinterfragen sollen. Dabei werden Fragen von politischem und religiösem Fanatismus verhandelt und in einen historischen Kontext gesetzt. So wird der Bogen von der Deutschen Kommunistischen Partei DKP und dem Radikalenerlass von 1972 bis in die Gegenwart einer wiedererstarkten Rechten und zunehmenden Fremdenfeindlichkeit gespannt. Auf der Handlungsebene prallen durch ein vermeintlich islamistisches Attentat drei Leben aufeinander, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Drei Generation und drei Geschichten, die typisch sind für unsere Zeit und doch in großem Widerspruch zueinander stehen.
„Boniface und die Insel“ von Veronica Frenzel, Johanna Bentz, Arbeitsstipendium: 5.000 Euro
Entstehen soll ein Feature über den Deutsch-Kongolesen Boniface Mabanza. Dieser hat eine Vision. Für ihn sind nicht Charity und Entwicklungshilfe, sondern Empowerment in Afrika und radikales Umdenken in Europa Schlüssel zu einer gerechteren Welt. Regelmäßig fliegt er zu Treffen der Zivilgesellschaft auf dem Kontinent, unterstützt die Aktivisten, informiert und vernetzt. Im Sommer besucht er die Halbinsel Ngor, im Westen von Dakar, denn dort gibt es eine afrikanische Gemeinschaft, die eine Alternative für gerechtere Handelsbeziehungen und ein solidarisches Miteinander sein könnte. Die Autorinnen begleiten den modernen Don Quichote, der gleichermaßen gegen die konkrete europäische Politik, die zermürbenden Umstände des Kapitalismus und das Desinteresse der breiten Masse kämpft.
„Die Spinnerakten“ von Melanie Mohren, Bernhard Herbordt, Arbeitsstipendium: 4.000 Euro
In den Archiven der Max-Planck-Gesellschaft lagern mehrere Meter Akten mit den Vorschlägen nie realisierter Institutsgründungen. Abgelegt sind sie unter dem Titel „Spinner“. Das Hörspiel nimmt die „Spinnerakten“ zum Anlass, eine ganz neue Wissenschafts-Gesellschaft vorzustellen. Was wäre, wenn die vorgeschlagenen Institute tatsächlich realisiert worden wären? In welcher Gesellschaft würden wir heute leben? Eingeteilt in die vier Kapitel Politik, Wissenschaft, Arbeit und Vermischtes werden für das Hörspiel Auszüge aus den „Spinnerakten“ zu einer Reise durch mögliche Standorte dieser anderen Wissenschafts-Gesellschaft verwoben. Eingesprochene Aktenauszüge werden kompositorisch in Originalton-Collagen aus Archivgeräuschen sowie zeithistorischen Musiksamples eingefasst. Es entsteht das Bild einer parallelen, nicht realisierten Geschichte des 20. Jahrhunderts.
„Idylle“ von Stella Luncke, Josef Maria Schäfers, Arbeitsstipendium: 4.000 Euro
Die Autoren planen ein autobiographisches Stück, welches im Sommer 1977 spielt: Der neunjährige Josef wächst in einem Dorf im Sauerland auf und verbringt seine Freizeit mit seinem Freund Dietmar. Eine Spätsommeridylle, die allerdings von den Ereignissen der Zeit getrübt wird. Nachrichten über Terrorismus, atomare Bedrohung und Geschichten über den Bürgermeister werden zunächst spielerisch verarbeitet. Als sich die Ereignisse zuspitzen und zeitgleich zur Schleyer-Entführung die Hetze auf den Bürgermeister zunimmt, entsteht in der Phantasie der Kinder eine eigene Version der Wirklichkeit. Josef und Dietmar beobachten die Situation und versuchen schließlich, selbst einzugreifen.
„Thinking at the Edge of the World“ von Gaby Hartel, Arbeitsstipendium: 4.000 Euro
Die schmelzenden Eismassen der Arktis haben Spitzbergen in den Brennpunkt geopolitischer Interessen gerückt. Nach ersten Recherchen verhält sich Norwegen anders als seine Nachbarstaaten und setzt z.B. im Rahmen eines neu geschaffen Residence-Programms auf kollektives Nachdenken internationaler KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen. Die Autorin möchte zusammen mit dem Field Recordist Peter Cusack die neue Aufstellung am Rand der bewohnbaren Welt erforschen. Durch die Stimmen der Akteure vor Ort, vor allem aber durch das Erfassen der Naturgeräusche wird die seismographische Verschiebung vom arktischen Naturraum zum politischen Denk- und Handlungsraum sensorisch erfahrbar gemacht. Ein Schwerpunkt des Hörspiels wird auch auf den kritischen Stimmen liegen: Verdeckt der norwegische Staat mit den ehrgeizigen Kulturprogrammen etwa ein stark ökonomisches Interesse an dieser Region?
Die Mitglieder des Beraterstabs waren Christiane Florin, Deutschlandfunk, Volker W. Degener, Verband Deutscher Schriftsteller in NRW, und Christina Hänsel, WDR. Die zuständige Förderreferentin für Hörspiel bei der Film- und Medienstiftung NRW ist Anke Morawe. Der nächste Einreichtermin ist der 25. Mai 2018.