Freeter in Tokyo, Straßenmusiker in NY und Werber im Rheinland
Die Filmstiftung NRW vergibt Arbeitsstipendien für acht Hörspielprojekte
Die digitale Boheme in Japan, ein Straßenmusiker mit berühmten Fans in New York und rheinische Werber, die wie die schlesischen Weber den Aufstand proben, sind nur einige der Themen der Hörspiele, die im Juli mit acht Arbeitsstipendien der Filmstiftung NRW gefördert wurden. Ausgewählt wurden die Stücke vom Beraterstab der Hörspielförderung der Filmstiftung NRW in seiner zweiten Sitzung 2010.
Das Internet-Café als Schlafplatz, weil Wohnraum in Tokio unbezahlbar ist: Für Japans digitale Boheme ist das oftmals Realität. Das Autorenduo Serotonin (Marie-Luise Goerke und Matthias Pusch) begleiten für ihr Hörstück "Die Auswanderer – Japanische Internetcafé-Flüchtlinge" einige der so genannten Freeter, die ihr Leben der traditionellen Arbeitswelt vorziehen. Die Filmstiftung NRW fördert den Versuch, den "Sound der Stadt" einzufangen, mit einem Stipendium von 7.000 Euro.
In seinem Hörstück "Moondog Rising" porträtiert der Kölner Autor Steffen Irlinger den blinden New Yorker Straßenmusiker und Komponisten Moondog, zu dessen Bewunderern u. a. Bernstein, John Lennon und Paul Simon zählten und der seine letzten Lebensjahre in Recklinghausen verbrachte. Für sein Projekt – eine Mischung aus Musik, Spielszenen, Archivmaterial und Interviews – erhält Irlinger ein Stipendium in Höhe von 3.000 Euro.
Nicht schlesische Weber, wie bei Hauptmann, sondern verarmte rheinische Werber proben in dem Hörspiel "Macht.Alle.Gegen!" den Aufstand gegen die bestehenden Verhältnisse. Mit ihrem ironischen, dramaturgischen Kniff erzählen die Autoren Oliver Brod und Claudia Lohmann den "Weber"-Stoff neu und werden dabei mit einem Stipendium in Höhe von 4.000 Euro unterstützt.
Wie nah sind wir heute schon dran, an Aldous Huxleys düsterer Vision einer "Brave New World"? In seiner fiktionalen Dokumentation – angereichert mit Collagen aus Huxleys Original – begibt sich Jörg Diernberger auf Spurensuche und wird dabei von Christian Ulmen als Sprecher unterstützt. Für sein Projekt "Straight New World" erhält er ein Stipendium von 4.000 Euro.
Der subtile Alltagsrassismus von scheinbar aufgeklärten und toleranten Jungakademikern um die Dreißig ist Thema des Hörspiels "Die netten Nachbarn", das der Autor Sven Stricker entwickelt hat. Der Zuhörer erhält in dem Stück alle Informationen nur durch den Filter eines jungen Paares. Die Filmstiftung fördert das Projekt mit einem Stipendium von 4.000 Euro.
Felix Kunkel, Held von Jan Deckers Hörspiel "Bitte freimachen!", ist ein ewiger Germanistikstudent mit großem Interesse an Medizin und an einer jungen Medizinstudentin. Als er sich an einem Krankenhaus für die Stelle eines Chefarztes bewirbt, wird er prompt eingestellt. Für die witzige Köpenickiade erhält der junge Autor ein Stipendium von 3.000 Euro.
Aus der Perspektive eines kleinen, jüdischen Mädchens, das 1969 von Polen über Israel nach Deutschland ins "Land der Mörder" zieht, erzählt Agnieszka Lessmann in ihrem Hörspiel "Mörder". Die Autorin, die in Bergisch-Gladbach lebt, greift dabei zu großen Teilen auf ihre eigene Geschichte zurück. Die Filmstiftung unterstützt sie dabei mit einem Stipendium von 4.000 Euro.
Wie groß ist der ökologische Fußabdruck einer fünfköpfigen Familie? Dieser Frage geht die Bonner Autorin Almut Schnerring in ihrem Hörspiel "Footprints" nach. Ein halbes Jahr lang wird sie die ökologischen Spuren ihrer Familie verfolgen und dokumentieren, wie und ob sich ihr Bewusstsein für die Umwelt ändert. Gefördert wird der Selbstversuch mit einem Stipendium von 3.000 Euro.
Dem Beraterstab gehörten Christiane Florin (Rheinischer Merkur), Volker W. Degener (VS NRW) und Natalie Szallies (WDR) an. Der nächste Einreichtermin ist der 29. September 2010.
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte: Filmstiftung NRW, Tanja Güß, Tel.: 0211-930500, Fax: 0211-93050-85,