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64. Hörspielpreis der Kriegsblinden

Ickelsamers Alphabet“ von Liquid Penguin Ensemble, eine Produktion von SR und Deutschlandradio Kultur, wurde am Dienstag, den 12. Mai, mit dem 64. Hörspielpreis der Kriegsblinden ausgezeichnet. Über den Preisträger entschied die 14-köpfige Jury unter Vorsitz der Autorin Anna Dünnebier. Die renommierte Auszeichnung, getragen vom Bund der Kriegsblinden e.V. (BKD) und der Film- und Medienstiftung NRW, wurde feierlich im Deutschlandradio Köln verliehen. Ute Soldierer moderierte die Preisverleihung.

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Stefanie Hoster (Deutschlandradio Kultur), die Preisträger Stefan Scheib und Katharina Bihler („Ickelsamers Alphabet“) und Anette Kührmeyer (SR, Dramaturgin) © Heike Herbertz / Film- und Medienstiftung NRW

„Ein Vergnügen, wie Buchstaben zum Tönen, Singen, Schnurren, Hauchen, Klingen gebracht werden. Dieser höchst amüsante Chor wird von Sprechern vorgetragen, die mit Lust zwischen Klängen und Sprachen wechseln, vom französisch-ü zum tönenden o, das Pferde zum Halten bringt, von alemannischen Brocken zum altmodischem Deutsch der Renaissance, zum Französisch. Die Musik von Stefan Scheib verstärkt oder konterkariert die tönenden Buchstaben“, so die Jury in ihrer Begründung. „Liquid Penguins Spiel mit Realität wird hier zum höchst amüsanten Spiel mit der Realität von Sprache selbst.“

Im Mittelpunkt des Hörspiels steht der deutsche Grammatiker Ickelsamer, der sich im 16. Jahrhundert mit der komplizierten Beziehung zwischen Sprache, Schrift und Gegenstand befasste und jeden einzelnen Buchstaben mit verblüffenden Assoziationen beschreibt. Außer ihm ein bizarres Ensemble aus einer Großmutter, die alemannische Worte sammelt, zwei Mädchen, die zwischen den Fabelwesen eines naturhistorischen Museums nach Fabel-Wörtern suchen, und einem französischen Grammatiker-Kollegen, der mit dem Dutzend Möglichkeiten hadert, ein o zu schreiben. Die Hörspiele des Liquid Penguin Ensemble mäandern geistvoll zwischen Historie und Phantasie, zwischen dem was war und dem, was auch hätte sein können oder sein sollen.

In dem ebenfalls nominierten, dokumentarischen Hörspiel „Klaus Barbie – Begegnung mit dem Bösen“ von Peter F. Müller und Leonhard Koppelmann wird der Lebensweg des berüchtigten Naziverbrechers Klaus Barbie nachgezeichnet, der seine Karriere als Folterer und Mörder nach der Nazizeit fortsetzen konnte. Die WDR Produktion beruht auf beeindruckender Recherche, benutzt Aufzeichnungen und Originaltöne von Barbie selbst, und Dokumente von zahlreichen Zeitzeugen. Die Produktion „Lebensabend in Übersee“ von Hermann Bohlen, ebenfalls WDR, stellt die Frage, wohin mit den alten Menschen, deren Pflege die Sozialkassen zu teuer kommt. Das Hörspiel ist eine subtile Satire über Senioren, die per Gesetz in Billigländer ausgelagert werden. Nur wer ein hohes Vermögen nachweisen kann, darf in Deutschland bleiben, alle anderen, also fast alle, müssen weg.

Alle drei Hörspiele können bis Mitte Mai auf der Homepage der Film- und Medienstiftung als Stream abgerufen werden: http://www.filmstiftung.de/events/preise/hoerspielpreis/

Der Hörspielpreis der Kriegsblinden wird seit 1952 jährlich an ein für einen deutschsprachigen Sender konzipiertes Original-Hörspiel verliehen, das in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert. Zu den bisherigen Preisträgern zählen u.a. Milo Rau, Paul Plamper oder Christoph Schlingensief.

Die Jury des 64. Hörspielpreises der Kriegsblinden

Kriegsblinde: Klaus Bartels, Dr. Paul Baumgartner, Johann Dressing, Hans-Dieter Hain (stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Kriegsblinden in Deutschland e.V.), Erich Kuttner, Melanie Schäfer

Fachkritiker: Dieter Anschlag (Medienkorrespondenz), Anna Dünnebier (Autorin, Vorsitzende der Jury), Thomas Irmer (Freier Journalist u.a. Theater heute), Jenny Hoch (Freie Journalistin), Petra Kammann, Eva-Maria Lenz (Freie Journalistin, FAZ, epd), Diemut Roether (epd medien), Hans-Ulrich Wagner (Universität Hamburg).