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Film und Medien Stiftung NRWNewsPressemitteilungenInt. Filmkongress – Panel: Stupid Money? Das war gestern

Int. Filmkongress – Panel: Stupid Money? Das war gestern

Filmfinanzierung vom Fiskus

Die Zeiten, in denen mehrere Milliarden Euro in großen Koffern über den Atlantik in die USA geschifft wurden, um diese Gelder vor allem in Hollywoodproduktionen zu investieren, sind vorbei.

Moderator Martin
Blaney

Zum Teil seien diese Filme nie ins Kino gekommen, sagte Moderator Martin Blaney, sondern stellten eine Steuererleichterung für "wohlhabende Zahnärzte" dar. Auf Druck der unabhängigen Produzenten wurden diese so genannten Fondsmodelle in Deutschland Ende 2005 abgeschafft. Als neues Finanzierungshilfe für Filmproduzenten ist zum 1. Januar 2007 der Deutsche Filmfilmförderfonds (DFFF) gestartet worden, welcher über eine Laufzeit von drei Jahren insgesamt 180 Millionen Euro für die deutsche Filmwirtschaft bereit hält.

"Nach dem Regierungswechsel wurde dieses System binnen eines Jahres auf die Beine gestellt", erklärte Christine Berg, Projektleiterin des DFFF. "Es ist das erste Mal, dass neben der Referenzförderung der FFA Gelder ohne eine Gremiumsentscheidung vergeben werden."

Christine Berg

Bei diesen Mitteln handele es sich nicht um bedingt rückzahlbare Darlehen, sondern um eine automatische Förderung, was den Produzenten entgegenkomme. Um von dieser neuen Filmförderung zu partizipieren, müssen die Produzenten 75 % der Gesamtfinanzierungeines Projektes nachweisen und drei Monate nach Erhalt des Bewilligungsbescheides mit den Dreharbeiten beginnen. Als weitere Auflage werde ein verbindlicher Verleihvertrag verlangt, der an eine feste Kopienanzahl gekoppelt sei. Zudem würden die Projekte einem kulturellen Eigenschaftstest unterzogen "Wenn diese drei Kriterien erfüllt sind", so Berg, "können die Produzenten bis zu vier Mio. Euro beantragen." Für die in Deutschland ausgegebenen Produktionskosten erhalten die Produzenten einen öffentlichen Zuschuss von bis zu 20 %.

Martin Hagemann, Hubert Gendebien, Christine
Berg, Martin Blaney, Tom Spieß und John Graydon

Davon profitieren konnten bisher 30 Filmprojekte, die mit einer Gesamtsumme von mehr als 20 Mio. Euro unterstützt worden sind. "Wir rufen sogar die Produzenten an und fragen, welche Projekte sie in Planung haben", so Berg. "Wir haben einen extrem hohen Beratungsbedarf, denn wir verstehen uns als Work-in-Progress und versuchen, unsere Schwachstellen aufzugreifen und zu ändern." Nachbesserungsbedarf bestehe noch bezüglich des Rechterückfalls von Sendern, was im Filmfördergesetz (FFG) geregelt sei, aber noch in die Richtlinien des DFFF einfließen müsse.

Christine Berg, John Graydon und Tom Spieß

Die Bandbreite der bereits geförderten Filmvorhaben reiche von Low-Budget-Projekten wie die deutsch-österreichische Koproduktion "Back to Africa" von Peter Rommel, die 30.000 Euro Unterstützung erhielt, über den nächsten Film von Doris Dörrie bis zu dem rund 100 Mio. Euro teuren Großprojekt "Speed Racer", das die Wachowski-Brüder ("Matrix") derzeit in Babelsberg realisieren. Gefördert wird diese aufwändige Comic-Verfilmung mit insgesamt neun Mio. Euro. "Dieses Fördermodell ist sehr offen", betonte Tom Spieß, Geschäftsführer und Gesellschafter der Little Shark Entertainment GmbH. Der Vorteil sei, dass die Produzenten dabei keine Einreichtermine beachten müssten, sondern nach ihrem eigenen Timing Gelder beantragen könnten. Allerdings erwiese sich die Bedingung, einen verbindlichen Verleihvertrag vorlegen zu müssen, für viele Produzenten als eine Hürde.

Martin Hagemann, Hubert Gendebien
und Martin Blaney

"Das Schöne an der Politik ist, dass es immer noch etwas zu verbessern gibt", befand Martin Hagemann, Produzent der Zero Fiction Film und Zero West Filmproduktion, der dem Beirat des DFFF angehört. "Es fehlt ein internationaler Bereich für deutsche Produzenten", kritisierte Hagemann. Wenn ein Film einen Presale über 30 % des Budgets nachweise könne, sei das ein stärkeres Signal als ein Verleihvertrag über eine Kinoauswertung mit 15 Kopien. Doch dieser Vorschlag konnte bislang nicht durchgesetzt werden. "Die mittelgroßen, europäischen Produzenten können nicht von diesem Fonds profitieren", so der Produzent, "denn bei europäischen Koproduktionen greift dieses System nicht, wenn das deutsche Team im Ausland dreht." Im Gegenzug könnten die Honorare für amerikanische Produktion-Designer, die für "Speed Racer" arbeiteten, in voller Höhe geltend gemacht werden. "Die Medaille hat zwei Seiten", verteidigte Berg das Fördersystem. Gerade bei "Speed Racer" werde viel Geld in Deutschland für den Kulissenbau ausgegeben.

Andreas Krautscheid (Regierungssprecher
und Staatssekretär für Medien NRW) und
Michael Schmid-Ospach

Um attraktive Filmproduktionen an den Standort zu binden, ist auch in Großbritannien ein neues Fördersystem eingerichtet worden, das den Produzenten Steuervorteile in Höhe bis zu 25 % der geleisteten Ausgaben gewährt. "Die Gelder kommen direkt von der Regierung", erläuterte der britische Finanz- und Förderberater John Graydon. Ähnlich wie in Deutschland gehört ein kultureller Eigenschaftstest zu den Voraussetzungen. Hinzu kommt ein Nachweis über die Produzenten-Tätigkeit. In der Vergangenheit, so Graydon, hätten manche Antragsteller nur vorgegeben, Produzenten zu sein, um in den Genuss von Steuervorteilen zu kommen. Eine Förderhöchstgrenze für diese Steuererleichterungen gibt es nicht. "Es kommt durchaus vor", so Graydon, "dass Summen in der Größenordnung von 30 Mio. Euro beantragt werden."

In Belgien sind bereits 2002 Steuererleichterungen eingerichtet worden, um die Investitionen von belgischen Firmen in nationale Kino- und Fernsehproduktionen zu fördern. Bei diesem System können sowohl belgische als auch ausländische Unternehmen im Rahmen des belgischen Einkommenssteuerrechts Steuervergünstigungen erhalten, sofern sie in eine Kino- oder Fernsehproduktion investieren. Der Investor kann dabei 150 % seiner Investitionssumme von seinem zu besteuernden Gewinn abziehen. Voraussetzung ist, dass es sich bei dem Investor weder um eine Produktionsfirma noch um ein Fernsehunternehmen handelt. "Unser System ist sehr flexibel", erläuterte Hubert Gendebien, der dort als Steuerberater sowohl belgische Produktionen als auch Koproduktionen betreut. "Auch deutsche Produzenten können bei uns Gelder beantragen und bis zu maximal 50 % des Gesamtvolumens erhalten."

DiesesPanel bildete den Abschluss der Diskussionsrunden des Internationalen Filmkongresses, der gestern Nacht mit einer rauschenden Party in der Kölner Flora zu Ende ging.