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Internationaler Filmkongress

Willkür oder Strategie bei internationalen Koproduktionen – Was wollen Sender und Weltvertriebe wirklich

"Kinoprojekte, die nach einer Beteiligung eines Senders verlangen", erklärt Hans Janke, Leiter Hauptredaktion ZDF-Fernsehspiel, "müssen dessen Interesse überzeugend entsprechen." Definiert werde dieses im Fünfeck von Reichweite, Resonanz, Reputation, Relevanz und Repertoire. Es müsse sich lohnen, erhebliche Beträge in Projekte zu stecken, die das Fernsehen nicht als ersten oder gar alleinigen Verwerter sehen. Schon sehr früh beteiligte sich das ZDF an dem preisgekrönten Kinofilm "Lichter" von Hans-Christian Schmid und Michael Gutmann, mit dem der Sender aufgrund der Autoren, des Regisseurs und der Produzenten eine Qualitätserwartung verband. Da die Sender mit einer überwältigenden Anzahl an Koproduktions-Angeboten konfrontiert würden, sei es bei der Auswahl erforderlich, auf die Balance zwischen direktem Erfolgsinteresse und kulturellem Belang zu achten.

"Redakteure haben weniger Einflussmöglichkeiten auf Kino-Koproduktionen als allgemein angenommen wird", sagt Heike Hempel, Leiterin der Redaktion "Das kleine Fernsehspiel" beim ZDF. Eine Redaktion müsse sich zudem als Producer engagieren und gleichzeitig den Nachwuchs betreuen. Während Hempel dafür plädiert, dass Kino und Fernsehen näher zusammenrücken sollten, fordert Karl Baumgartner, Geschäftsführer Pandora Film, eine striktere Trennung von Kino und Fernsehen, um den Einfluss der Sender in den Gremien zu vermindern. "Ohne Sender ist es jedoch schwierig", weiß Baumgartner, "Förderung zu erhalten." Für problematisch hält es der Produzent zudem, dass in Deutschland keine Verpflichtung für das Pay-TV besteht, sich an Kinofilmen zu beteiligen.

Deutsche Kinofilme eigneten sich nicht immer dafür, sie in der Prime-Time zu zeigen, sagt Bettina Reitz, Leiterin des Programmbereichs Spielfilme & Serien beim BR. Trotz des Erfolges bei der Kinoauswertung sei mit dem Spielfilm "Die innere Sicherheit" von Christian Petzold auf dem Sendeplatz um 20.15 Uhr keine hohe Quote erzielt worden. Da mit dem Publikumprofil zu dieser Sendezeit ein bestimmter Unterhaltungsanspruch verbunden sei, hält sie Sendeplätze im Spätprogramm für passender, welche die ARD um 23 Uhr für Debüts und internationale Spielfilme reserviert habe.

Eine wichtige Rolle bei der Finanzierung spielen neben Sendern auch die Weltvertriebe. Über die Zusammenarbeit mit dem französischen Weltvertrieb Celluloid Dreams fand Martin Hagemann, Geschäftsführer von Zero Film, seine Koproduktionspartner für den diesjährigen Cannes-Wettbewerbsbeitrag "Vater und Sohn" von Alexander Sokurov. Ein Film in diesem internationalen Segment ist nicht aus einem Land heraus finanzierbar", weiß Hagemann. In den Ländern, in die Celluloid Dreams bereits Sokurovs frühere Werke verkauft hatte, konnte der Produzent geeignete Koproduktionspartner gewinnen.

Für das Projekt "September" von Max Färberböck hielt der Produzent hingegen nicht nach internationalen Partnern Ausschau. Produziert wurde dieser deutsche "Un Certain Regard"-Beitrag von Zero Film mit Unterstützung des ZDF, der Filmförderung und dem massiven Engagement des Weltvertriebs Telepool, der "September" nach der Weltpremiere in Cannes in mehrere Länder verkaufte. Positive Beispiele von deutschen Filmen, die auch international Türen geöffnet hätten, seien außerdem "Das Experiment", "Nirgendwo in Afrika" und "Bella Martha".

Sowohl Spiel- als auch Dokumentarfilme in den Weltvertrieb nimmt Esther van Messel mit ihrer Züricher Firma First Hand Films. Von den zahlreichen Presale-Angeboten, die sie erhält, lehnt sie allerdings 90 Prozent ab. "Die meisten Produzenten möchten nur einen Letter of Intent erhalten, um Förderung kassieren zu können." Eine langfristige Beziehung zu einem Weltvertrieb aufzubauen, hält Hagemann jedoch auch für deutsche Filme für eine geeignete Strategie, da diese in der frühen Phase oft noch keinen Verleih fänden.