Instagram
Film und Medien Stiftung NRWNewsPressemitteilungenInternationaler Filmkongress

Internationaler Filmkongress

Ich habe ein gutes Gefühl – Der alltägliche Horror zwischen Banken und Produzenten

Mit der Umsetzung des neuen Kriterien-Katalogs "Basel II" durch die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ in Basel) wird es ab 2004 für Filmproduzenten schwieriger, Kredite von Banken zu erhalten. Basel II verlangt von den Banken eine höhere Eigenkapital-Unterlegung für die von ihnen gewährten Kredite. Da die Banken diese Auflage an ihren Kunden weitergeben, müssen die Kreditnehmer eine höhere Eigenkapitalquote vorweisen. Für kleine und mittelständische Produzenten erweist sich diese Anforderung als großes Problem, da ihre Filmrechte nicht als Sicherheiten akzeptiert werden. Ohne die Zwischenfinanzierung von Banken sind Produzenten oftmals jedoch nicht in der Lage, Filme zu produzieren.

Um diesem Dilemma zu begegnen, schlägt der deutsche Produzent Alfred Hürmer vor, ein Rückbürgschaftsmodell für unabhängige Produzenten zu entwickeln. Angelehnt ist diese Idee an das seit 1968 in Frankreich existierende IFCIC (Institut pour le Financement du Cinema et des Industries Culturelles), das gegenüber den Hausbanken der Produzenten eine Bürgschaft übernimmt. "Die Ausfallquote der IFCIC liegt nach bisherigen Erkenntnissen bei fünf Prozent", berichtet Hürmer. Die Schadensfälle entstünden mehrheitlich durch Großproduktionen, was den Schnitt überproportional anhebe.

Ein solcher Garantiefonds in Deutschland könne gegenüber der Hausbank des Produzenten für einen Teil der in Anspruch genommenen Kredite bürgen. Gemessen an den durchschnittlichen Budgets von rund 3 Millionen Euro pro Film wäre dafür jährlich ein Betrag von schätzungsweise 20 Mio. Euro erforderlich, für den die Filmförderungsanstalt (FFA) grundsätzlich bürgen könnte. In welcher Form sich dieses Modell in der Praxis umsetzen ließe, wurde auf dem Internationalen Filmkongress von Produzenten und Bankern diskutiert.

Eine Rückbürgschaft könne unter Umständen die Bonität eines Antragstellers verbessern,sagt Dirk Bogumil von der unabhängigen Privatbank Lampe in Berlin. Dort werde derzeit über den Senat versucht, ein Modell zu entwickeln, um mit Rückbürgschaften zu arbeiten. "Die Idee, die FFA bürgen zu lassen, ist interessant", findet Bibiana Bolsenkötter, Prokuristin der deutschen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PWC Deutsche Revision. "Einen Teil der FFA-Mittel zur Absicherung zur Verfügung zu stellen, ist mehr als denkbar", erklärt Rolf Bähr, Chef der Filmförderungsanstalt. Eine Ausfallquote lasse sich eventuell im Haushalt festlegen.

Bei einemsolchen Modell dürften die Maßnahmen nicht zu kompliziert gestaltet werden, betont Christoph Friedel, Produzent bei der Kölner Pandora Film. "Die Produzenten benötigen nur eine Zwischenfinanzierung." Dafür müsse ein automatisches System eingerichtet werden, weil die Filme sonst bereits abgedreht seien, ehe das Geld fließe. Arno Füser, der Medienfirmen bei der Deutschen Bank in Köln betreut, rät den Produzenten, sich frühzeitig an ein entsprechendes Kompetenzteam bei den Banken zu wenden. "Die Filmfinanzierung erfolgt stets unter einem enormen Zeitdruck", so Friedel, "weil bis kurz vor dem Dreh Gelder aus vielen verschiedenen Quellen hinzukommen." Das erfordere auch von den Banken eine große Flexibilität. "Die Finanzierung muss geschlossen sein, bevor die Produzenten damit zur Bank kommen, erklärt Bolsenkötter. Die Verträge müssen im Entwurf vorliegen."

Mit den Basel II-Kriterien arbeiteten die Banken schon seit einigen Jahren, erläutert Bogumil. "Ein unabhängiger Produzent braucht kein hohes Eigenkapital, aber eine hohe Eigenkapitalquote." Aus diesem Grunde rät Füser den Produzenten, ihre Werte mit Hilfe von Gutachten transparent zu machen. "Dabei bewertet ein Wirtschaftsprüfer die Firma inklusive dem Rechtestock", berichtet Hürmer. Dadurch erhalte die Bank eine Zahl, mit der sie arbeiten könne.

"Es ist kein Zukunftsmodell, wenn Banken Unternehmen durchleuchten und trotzdem hohe Zinsen verlangen", meint Christiane Stützle, die als Rechtsanwältin bei Hogan & Hartson Raue in Berlin auf alternative Medienfinanzierung durch Filmfonds spezialisiert ist. Die Motivation der Fonds sei eine andere, da dabei ein Teil des Geldes durch den Vertrieb zurückflösse. "Daher sind die Absatzmärkte wichtig." Doch gerade in dieser Hinsicht gelten deutsche Filme nach Einschätzung der Produzenten nicht unbedingt als ein Garant. "Deutsche Filme", gibt Bernd Burgemeister, Geschäftsführer der TV-60 Filmproduktion zu bedenken, "haben Absatzprobleme im Ausland."

HEI-21-06-2002