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Film und Medien Stiftung NRWNewsPressemitteilungenInternationaler Filmkongress der Filmstiftung NRW vom 2. bis 5. Juli

Internationaler Filmkongress der Filmstiftung NRW vom 2. bis 5. Juli

Koproduktion in der Praxis – Österreich, Schweiz und Deutschland

Für künstlerisch ambitionierte Kinofilmprojekte oder unbequeme Filme mit radikalen Themen erweist es sich oftmals als besonders schwierig, die Finanzierung auf die Beine zu stellen. Eine Koproduktion mit Partnern aus den europäischen Nachbarländern bietet mitunter die einzige Möglichkeit, solche Filmvorhaben zu realisieren. Doch auch dabei können plötzlich unvorhersehbare Probleme auftauchen, wenn ein Koproduzent kurz vor Drehbeginn abspringt, die Förder-Richtlinien plötzlich per Gesetz geändert werden, die Sender zu geringe Preise zahlen oder sich die Filmförderungen in den beteiligten Ländern schlicht nicht miteinander kombinieren lassen. Derartige Hindernisse mussten die deutschen Produzenten bei den europäischen Koproduktionen "Klimt" von Raóul Rúiz und "Madonnen" von Maria Speth überwinden.

Als internationale Koproduktion zwischen Deutschland, Österreich, Großbritannien und Frankreich realisiert wurde der englischsprachige Kinofilm "Klimt", in dem der Hollywood-Star John Malkovich in die Rolle des exzentrischen Malers schlüpft. "Ich habe 2000 mit diesem Projekt begonnen", berichtete der österreichische Produzent Dieter Pochlatko von Epo-Film. Als deutschen Partner dafür gewann er Arno Ortmaier von der Münchener Film-Line, den das Thema sofort ansprach, da "Klimt" nicht als typische Künstler-Biografie angelegt ist, sondern sein spannendes Leben erzählt. "Als erster Popart-Künstler hat er mit Frauengemälden wie 'Kuss', die noch heute auf vielen Postern prangen, eine Breitenwirkung erzielt", so Ortmaier. Doch Klimt habe nicht nur mit seiner Kunst ein emanzipiertes Frauenbild geschaffen,sondern aus seinen leidenschaftlichen, exzessiven Verhältnissen seien rund dreißig uneheliche Kinder hervorgegangen. "Die erste Drehbuchfassung war schwer zu lesen", berichtete Ortmaier, "denn der Ansatz von Raóul Rúiz sieht vor, mit einer filmischen Allegorie ein adäquates Kunstwerk zu schaffen, in dem Klimts Bildsprache umgesetzt wird."

Bei vielen Filmförderungen in Deutschland stieß der Produzent mit diesem Projekt auf Ablehnung. "Früher wurden vor allem Filme gefördert, die künstlerisch herausragend und nicht kommerziell waren, doch inzwischen hat sich die Situation fast umgekehrt." Als einzige Förderung besaß die Filmstiftung NRW den Mut, neben der Degeto bei "Klimt" einzusteigen. Doch acht Wochen vor Drehbeginn war der französische Partner insolvent, so dass sich das Projekt nicht zur Förderung bei Eurimages qualifizieren konnte. "Ursprünglich wollten wir bereits im letzten September drehen. Veronica Ferres, die John Malkovich als seine Filmpartnerin vorgeschlagen hatte, musste deshalb alle anderen Rollen absagen." Nachdem die Produzenten mit Paolo Branco einen neuen französischen Koproduktionspartner gefunden hatten, tat sich auf der britischen Seite ein neues Finanzierungsloch auf. Da das Finanzamt in Großbritannien im Zuge eines neuen Erlasses das sogenannte "Doppel-Dipping" bei der Sale & Leaseback-Förderung gestrichen hatte, fehlten den Produzenten vier Wochen vor Drehbeginn plötzlich 1,5 Millionen Euro. "Wir haben mit verschiedenen Filmfonds gesprochen, aber kurz vor dem Jahresende war es unmöglich, ein Vertragswerk zu erstellen, an dem vier Koproduzenten und fünf Förderungen beteiligt sind." Nach langen Beratungsgesprächen mit dem VIP-Fonds beteiligte sich schließlich Andreas Schmid als privater Investor an dem Projekt.

Daraufhin konnten Anfang Januar die Dreharbeiten zu "Klimt" in Wien beginnen, die Mitte Februar im Movie Park Germany in Bottrop fortgesetzt wurden. "Dort wurde auch das Atelier von Klimt gebaut, während die Aufnahmen in Wien ausschließlich an Originalschauplätzen erfolgten." Auch die Nachbearbeitung des Films erfolgt in verschiedenen Ländern. Die Tonbearbeitung findet in Großbritannien statt, die Bildbearbeitung in Köln und die Musik zu "Klimt" wurde in Frankreich komponiert.

Auch den 2,2 Millionen Euro teuren Kinofilm "Madonnen" von Maria Speth hätte der Produzent Christoph Friedel von der Kölner Pandora Film nicht ohne ausländische Koproduzenten realisieren können. "Im Mittelpunkt dieser Geschichte steht eine 30-jährige, die mehrere Kinder von verschiedenen Männern hat, aber es nicht schafft, eine richtige Familie zu gründen." Auf die Regisseurin wurde der Produzent aufmerksam, als sie 2001 in Rotterdam ihren Abschlussfilm der HFF Potsdam "In den Tag hinein" vorstellte, der dort den Tiger Award gewann. "Ihr zweiter Spielfilm ist ein größeres Projekt", erklärt Friedel, "da er in zwei verschiedenen Jahreszeiten gedreht werden muss und viele Kinder darin mitspielen, mit denen wir pro Tag immer nur eine begrenzte Zeit drehen können." Aufgrund des Budgets war es nicht möglich, diesen radikalen Stoff allein aus Deutschland zu finanzieren.

Schon sehr frühzeitig an diesem Projekt beteiligt war das Kleine Fernsehspiel des ZDF, denn die Redakteurin Claudia Tronnier hatte bereits den Debütfilm von Maria Speth begleitet. "Durch diese Sender-Beteiligung war es einfacher für uns, Filmförderung in Deutschland zu erhalten", berichtet Friedel, der für "Madonnen" Unterstützung von der Filmstiftung NRW, der Hessen Invest, dem Medienboard Berlin-Brandenburg, der Filmförderungsanstalt(FFA) sowie dem BKM erhielt. Mit Pascal Trächslin von der Produktions- und Verleihfirma Cineworx fand er einen Partner in der Schweiz. Als schwieriger erwies es sich, einen weiteren europäischen Koproduzenten zu finden. Ursprünglich sollte der Anfang des Films in Frankreich spielen, doch die Franzosen winkten ab, daihnen das Drehbuch als zu schwierig erschien. Daraufhin nahm Friedel Kontakt zu der belgischen Produktionsfirma Les Film Du Fleuve von Jean-Pierre und Luc Dardenne auf, die mit ihrem Außenseiter-Porträt "Rosetta" sowie in diesem Jahr für "L’Enfant" in Cannes die Goldene Palme gewonnen hatten.

Während die Dardenne-Brüder sowohl die belgische Filmförderung als auch den belgischen Sender in die Finanzierung einbringen konnten, scheiterte die Beteiligung der Schweizer Filmförderung an der mangelnden Kompatibilität mit den in Deutschland zu erbringenden Effekten. "In der Schweiz wird verlangt, dass ein Produzent seinen gesamten Koproduktions-Anteil dort ausgeben muss, um der Filmförderung genüge zu tun, was jedoch nur schwer zu erfüllen ist, da die deutsche Förderung ebenfalls an Effekte geknüpft ist." Als um so schwieriger erwies es sich in dieser Konstruktion, die Vorgaben des europäischen Koproduktionsabkommen zu erfüllen. "Damit ein großer Partner nicht zu dominierend ist, darf seine Beteiligung nicht 70 Prozent überschreiten, während die kleineren Ländernmindestenszehn Prozent halten müssen." Erfüllt werden konnte diese Auflage schließlich mit Hilfe des Schweizer Senders SRG/DRS.

In Deutschland wirft die Senderbeteiligung allerdings neue Probleme für die Produzenten auf, da im Filmförderungsgesetz vorgeschrieben ist, dass die Fernsehlizenzen statt nach sieben Jahren jetzt bereits nach fünf Jahren an die Produzenten zurückfallen. "Die Sender reagieren darauf, indem sie die Beiträge kürzen", kritisiert Christoph Friedel. Bei "Madonnen" lag die ZDF-Beteiligung bei 15 Prozent und damit weit unter der Summe, welche die Fernsehsender in der Vergangenheit gezahlt haben. Davon betroffen sind alle Filme, die von der FFA unterstützt werden und somit unter das Film/Fernsehabkommen fallen. "Da die FFA überwiegend kommerzielle Projekte fördert, sind bisher noch nicht viele Projekte betroffen, doch das wird sich sicherlich ändern."

In dieser Hinsicht betrachtet er die ZDF-Beteiligung an "Madonnen" als sehr ambivalent. "Die Sender verhalten sich bei der Vertragsgestaltung immer härter", so Friedel. "Ohne einen Sender hätte dieses Projektkeine guten Chancen bei der Förderung gehabt, weil die Gremien immer stärker von den Sendern gesteuert werden." Insofern sei "Madonnen" ein ironischer Fall. "Es wird immer seltener, dass sichdie Öfffentlich-Rechtlichen an einem radikalen Stoff beteiligen, selbst bei dem Kulturkanal Arte wird mittlerweile die Quote angelegt." Durch die nicht in vollem Umfang erfolgte Gebührenerhöhung nehme das Quoten-Dikat noch weiter zu. "In den Rundfunkstaatsverträgen ist nicht explizit beschrieben, dass der Kinofilm zum Programmauftrag gehört", resümiert Friedel. "Wir sind leider noch sehr von den französischen Regelungen entfernt, in denen den Sendern Quoten sowie Preise für bestimmte Produktionen auferlegt werden."

Im Anschluss an diese beiden Fallstudien folgte unter der Moderation von Dirk Dotzert eine Diskussionsrunde, zu der Alberto Chollet vom Schweizer Sender SRG, Samir von der Dschoint Ventschr Film-produktion in Zürich und Roland Teichmann, Direktor des Österreich-ischen Filminstituts, hinzu stießen. Dabei wurden die Schwierigkeiten und Probleme, die bei europäischen Koproduktionen auftauchen, weiter vertieft. Vor allem die verschiedenen Förderrichtlinien miteinander zu kombinieren, erwiese sich oft als problematisch. "Der wesentliche Punkt ist", so Teichmann, "dass wir miteinander kommunizieren und Flexibilität zeigen."