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Film und Medien Stiftung NRWNewsPressemitteilungenInternationaler Filmkongress: Reden ist Silber – Handeln ist Gold. Filmfinanzierung in der Dauerkrise?

Internationaler Filmkongress: Reden ist Silber – Handeln ist Gold. Filmfinanzierung in der Dauerkrise?

Finanzierung sei ein Thema, das für den deutschen Film lebenswichtig sei, hob Michael Schmid-Ospach, Geschäftsführer der Filmstiftung NRW, in seiner Begrüßungsansprache am zweiten Tag des Internationalen Filmkongresses hervor. Mit großer Freude habe er die Ankündigung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück aufgenommen, Steuervergünstigung für europäische Produktionen zu schaffen. Starke Hoffnungen setzt Schmid-Ospach auch darauf, dass die West LB im eigenen Bundesland das Engagement aufbringt, den Schwerpunkt- und Entwicklungsstrukturen der Filmindustrie zu begegnen.

Einen komprimierten Überblick über die derzeitige Situation im Filmfinanzierungsbereich gab die Medienberaterin Gisela Budeit. Während im Spielfilmsektor ein erheblicher Rückgang an internationalen Koproduktionen zu verzeichnen sei, würden die Sender aufgrund sinkender Werbeeinnahmen ihre Auftragsproduktionen zurückfahren. "Eine hundertprozentige Auftragsproduktion stellt inzwischen die Ausnahme dar", konstatiert Budeit. Da die Fernsehproduzenten die daraus resultierende Finanzierungslücke von 20 oder 30 Prozent nicht aus Eigenmitteln aufbringen könnten, bedienten sie sich bei der Filmförderung. Ein weiteres zentrales Problem sei, dass die Banken den Produzenten keinen Cash-Flow für die Zwischenfinanzierung gewährten, da Summen in der Größenordnung von 500 000 bis 700 000 Euro sich in ihrer Kosten- und Gebührenstruktur als wirtschaftlich nicht lukrativ erwiesen.

Da die Sender von den Produzenten zusätzliche Sicherungsinstrumente in Form von Bankbürgschaften verlangten, versuchten Initiativen wie Bürgschaftsgemeinschaften oder Soforthilfe AG’s, dieser Problematik zu begegnen. "Mit diesem kurzfristigen Operieren an Symptomen wird der Medienbranche jedoch nicht zur Stabilität verholfen", so Budeit. Die überhöhten Sicherungsansprüche von Sendern mit Fördergelder aufzufangen, sei ein zweischneidiger Weg, durch den die Strukturen festgeschrieben würden. "Wir sollten hinterfragen, ob diese Sicherungen erforderlich sind und wie sich die Strukturen verbessern lassen, um einen funktionierenden Markt zu ermöglichen."

Die Sender gäben den Druck, unter dem sie ständen, an die kleinen Produzenten weiter, konstatiert Georg Feil, Vorstandsmitglied des Verbandes deutscher Fernsehproduzenten. "Die Hälfte unserer 140 Mitglieder hat gravierende Probleme." In dieser Strukturkrise seien langfristige Serien-Verträge für kleine Produzenten der Schlüssel zum Überleben, doch solche Aufträge würden nur an große Unternehmen vergeben, die nicht mit Finanzierungsproblemen zu kämpfen hätten. "Eine Firma, die keine Serien produziert, kann sich auch keine TV-Movies leisten", so Feil, "und besitzt damit keine langfristige Perspektive." Die Etats der Sender seien nicht in gleicher Höhe wie die Kosten angestiegen, unterstreicht Karl-Bernhard Koepsell, zuständig für Auftrags- und Koproduktion beim WDR. "Der Cash-Flow für Produzenten ist ein Problem, da die Sender verspätet zahlen."

Aber auch die Anforderungen der Kreditinstitute an ihre Kunden seien gestiegen, bestätigte Gustav A. Schröder, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Köln. Wie in jedem anderen Wirtschaftszweig werde auch von der Medienindustrie Verlässlichkeit und die Einhaltung von Budgets und Zeitplänen verlangt. Die Bereitschaft, sich mit dem Thema 'Medienfinanzierung' zu befassen, zeigt ebenfalls weiterhin die Dresdner Bank in Düsseldorf. " Die krisenhafte Entwicklung am Neuen Markt hat eine besondere Vorsicht ausgelöst", weiß Jürgen Neuhaus, Mitglied der Regionalleitung Rheinland. Im Dialog müssten viele Elemente transparenter gemacht werden, auch die Kreditvergabe erfolge
nicht mehr so großzügig. Die erhöhten Ansprüche der Banken bekam auch Tom Spieß, Geschäftsführer von Little Shark Entertainment zu spüren, als er während des Höhepunkts der Kirch-Krise versuchte, die Finanzierung für den Kinofilm "Das Wunder von Bern" auf die Beine zu stellen. "Die Banken wollen nach wie vor Geld verdienen", so Spieß. "Dabei kommt es darauf an, wie kompetent die Mitarbeiter sind und dass sie komplexe Vertragszusammenhänge erkennen."

Sofern nur ein Bruchteil der Milliarden deutscher Anleger-Gelder, die jährlich nach Hollywood fließen, in die deutsche Filmproduktion investiert werde, sei das Finanzierungsproblem der deutschen Produzenten gelöst, weiß der Fonds-Experte Stefan Loipfinger. Die Ursache, warum das nicht geschehe, sieht er in der Größenordnung der Budgets. "Ein großer Investor, der 400 Mio. Euro eingesammelt hat, müsste zweihundert Filme produzieren, um diese Summe in Deutschland auszugeben." Sofern Banken und Fonds das Serien-Geschäft kennen würden, kontert Feil, könnten sie damit Geld in Deutschland verdienen.

"Wir lassen jährlich drei Mrd. Euro nach Hollywood abfließen, die in Rumänien ausgegeben werden, weil dort US-Stars hingeschickt werden", ereifert sich Stefan Arndt, Produzent von X Filme Creative Pool. "Es ist unmoralisch, die Anleger mit Rückflussquoten von 160 oder 180 Prozent zu betrügen, denn bisher hat noch kein Fonds den Anlegern das Geld wieder zurückgezahlt, geschweige denn einen Aufschlag." Doch auch mit deutschen Serien lasse sich Geld verdienen. Anreize wie das Sale-and-Leaseback-System oder das Lohnsteuerzuschuss-Modell ermöglichten es, vaganbundierende Projekte aus anderen Ländern abziehen. "Das ist eine langfristige Strategie, damit die Filmindustrie drei, sechs oder neun Mrd. Euro umsetzt. Das können wir leisten", betont Arndt, "allerdings können wir keine Rückflussquote von 180 Prozent garantieren."