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Kino und TV: So nah und doch so fern

Es ist ungewöhnlich: Eine Adaption der TV-Serie „Türkisch für Anfänger“ kam als Adaption in diesem Frühjahr in die Kinos – und entwickelte sich zu einem großen Erfolg. Dass Formate aus dem Fernsehen auf der großen Leinwand reüssieren, ist eine Seltenheit. Wie das im Fall von „Türkisch für Anfänger“ gelingen konnte, war Thema auf dem Entertainmenttag des Filmkongress, der im Rahmen des 24. Medienforum.NRW stattfindet. Während des Panels in Kooperation mit der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen, das von Kress-Korrespondent Torsten Zarges moderiert wurde, bekannte die Produzentin Lena Schömann von Rat Pack/Westside Filmproduktion, dass sie ursprünglich Fan der Fernsehserie war und auch den Regisseur Bora Dagtekin bereits kannte: „Aus unseren Gesprächen wurden dann richtige Brainstormings. Es war eine große Herausforderung, die Fans der Serie nicht zu enttäuschen, und gleichzeitig denen, die die Serie noch nicht kannten, einen funktionierenden Kinofilm zu bieten.“ Die Umwandlung eines Fernseh- in einen Kinostoff bezeichnete Dagtekin als „aufblasen“: „Alles war aufwändiger gemacht. Schon allein die Location Thailand, und ein Filmteam mit 80 Thailändern. Es sollte bloß nicht so aussehen wie RTL um 20.15 Uhr, es sollte hochwertig wirken.“ Um die junge Zielgruppe der Zwölf- bis Neunzehnjährigen anzusprechen, hatte der Geschäftsführer der Ratpack/Westside Filmproduktion, Christian Becker, ein entsprechendes Marketingkonzept entwickelt, das zum Erfolg des Films beitrug: „Wir haben eine virale Kamapgne gestartet und stark auf Facebook gesetzt. Und nachdem wir bei Youtube unsere Teaser mit dem Banner ‚ganz neu erzählt fürs Kino’ versehen hatten, hörten auch die Irritationen beim Publikum auf.“

„Türkisch für Anfänger“ ist nicht das einzige Fernsehformat, das den Sprung in die Lichtspieltheater schaffte. Die Dreharbeiten zur Kinoversion von „Stromberg“ beginnen dieses Jahr. Das Projekt startete mit einer Crowdfunding Aktion, bei der 3.000 „Stromberg“-Fans innerhalb von fünf Tagen eine Million Euro an Budget zur Verfügung stellten. „Das war für uns ein Statement des Publikums, dass Interesse besteht“, erklärte Autor Ralf Husmann von Brainpool, „danach waren wir sicher, dass es funktionieren kann.“

Auch wenn einige erfolgreiche TV-Adaptionen für das Kino entstanden sind, sie bleiben die Ausnahme. So beschrieb es zumindest der Chef von Warner Bros. Pictures Germany, Wilfried Geike. Nicht nur für ihn stellt sich in Deutschland die Frage nach dem geeigneten Personal: Auch wenn Deutschland über eine hervorragende Fernsehproduktionsindustrie verfügt, kann das nicht ohne weiteres auf die Kinoproduktion übertragen werden: „Das sind zwei komplett unterschiedliche Produkte.“ Das betrifft auch Autoren und Schauspieler wie Paul Steinschulte, General Manager bei Universal Pictures International Germany, betonte: „In Deutschland gibt es höchstens zehn Autoren, die Drehbücher für Filme schreiben können, in die eine Million Zuschauer und mehr gehen. Und es gibt leider viele TV Stars, die keine Kinostars sein können.“ Geike äußerte auch offen seine Missbilligung darüber, dass Til Schweiger, „der einzige wirkliche deutsche Kinostar“, bald als „Tatort“-Kommissar zu sehen sein wird: „Ich halte das nicht für richtig.“ Regisseur Sönke Wortmann hatte Verständnis für diese Sicht: „Wir haben viele tolle Schauspieler in Deutschland. Aber bei der Besetzung für einen Kinofilm überlegt man dann doch, ob bestimme Gesichter nicht schon zu oft im Fernsehen zu sehen waren. Auf der anderen Seite wird es auch schwierig, wenn die Stars nicht die Rollen spielen, die vom Publikum erwartet werden.“


Ralf Husmann und Paul Steinschulte

Im Verlauf des Entertainmenttages kamen auch Produzenten und Filmemacher aus Deutschland und der Schweiz zum Arbeitslunch CH@NRW zusammen. Bei dem Treffen, das von der Film- und Medienstiftung NRW in Kooperation mit der Zürcher Filmstiftung und MEDIA Antenne NRW organisiert wurde, ging es nicht nur um konkrete Koproduktionserfahrungen, sondern auch um aktuelle Kooperationsmöglichkeiten. 21 Produzenten aus der Schweiz und NRW nahmen daran teil, um Möglichkeiten der Kooperation auszuloten und neue Projekte auf den Weg zu bringen. Neben Daniel Waser, dem Geschäftsführer der Zürcher Filmstiftung, waren u.a. Ivo Kummer (Bundesamt für Kultur), Meinolf Zurhorst (ZDF/Arte) und Michael Weber (The Match Factory) Gast dieser Veranstaltung.

Die Filmparty der Film- und Medienstiftung NRW in der Kölner Wolkenburg bildete den Abschluss des zweiten Kongresstages. Dort trafen sich deutsche und internationale Stars der Film-, Fernseh- und Entertainmentbranche wie Jim Jarmusch, Margarethe von Trotta, Caroline Link, Rupert Everett, Helge Schneider, Günter Lamprecht, Ronald Zehrfeld, Henning Baum, Christoph Maria Herbst u.v.a. Auch die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft, war Gast der Veranstaltung und begrüßte gemeinsam mit Filmstiftungs-Geschäftsführerin Petra Müller die rund 800 Gäste, die der Einladung gefolgt waren.