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Kontinuität bei der Filmfinanzierung

Kredite trotz Krise: Filmfinanzierung unterm Bankenschirm (Panel am 23.6. um 11.00 Uhr)

Moderator Dirk Dotzert

"Es ist schwer zu entscheiden, welche Leistung eines Produzenten höher zu bewerten sei; der kreative Input oder die Strukturierung der Finanzierung", erklärte der Moderator Dirk Dotzert, Berater in Berlin, zum Auftakt dieses Panels zum Thema Filmfinanzierung. Dem Verband FDW – Werbung im Kino zufolge verzeichnete die Branche in den vergangenen Monaten ein Umsatzplus von sieben Prozent bei der deutschen Kinowerbung. Laut Price WaterhouseCoopers (PWC) sei im Werbebereich 2010 mit einem Mini-Wachstum von 0,4 Prozent zu rechnen. Ab 2011 ginge es jedoch wieder bergauf, so dass bis 2013 ein jährliches Wachstum von 2,7 Prozent zu erwarten sei. Die Filmindustrie stehe laut der PWC-Prognose deutlich besser da: Das weltweite Box Office steige von derzeit 28,3 Mrd. Dollar im Jahr 2013 auf 37,7 Mrd. Dollar. Trotzdem erweist sich die Kreditbeschaffung in Deutschland als immer schwieriger. Die Unternehmen werden durch Liquiditätsengpässe zunehmend in ihrer Existenz bedroht. Einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zufolge erweist sich auch die Vorfinanzierung von Projekten als problematisch.

Sylvie El Sayegh (Cofiloisirs S.A.)

Leichter haben es dagegen die Produzenten in unserem Nachbarland Frankreich, die sich mit der Zwischenfinanzierung ihrer Filmprojekte an die Bank Cofiloisirs wenden könne. Die Cofiloisirs, an der die Privatbank ABN AMRO, die BPN Paribas sowie der französische Major UGC beteiligt sind, verfügt über ein Kreditvolumen von 500 Millionen Euro. "Jeder dritte französische Film wird darüber finanziert", so Dotzert. Auch internationale Produzenten könnten mit der Cofiloisirs arbeiten, die sowohl bei französischen als auch bei ausländischen Banken Konten für die Produzenten unterhält. "Unsere Bank begleitet die Produzenten mit ihren Projekten, die sie finanzieren kann", erläuterte Sylvie El Sayegh, Geschäftsführerin der Cofiloisirs in Paris. "Wir bieten ihnen maßgeschneiderte Kredite an, die auf der Diskontierung ihrer Finanzierungsverträge basieren. Dabei bewertet die Bank Verträge mit Förderungen, Sendern, Verleihern und Vertrieben. Als zusätzliches Bürgschaftsinstrument fungiert in dieser Konstruktion das halbstaatliche Institut pour le Financement du Cinéma et des Industries Culturelles (IFCIC), welches das Finanzierungsrisiko zu 50 Prozent absichert.

Christoph Friedel (Pandora Film)

Von der Krise sei die Cofiloisirs nicht unmittelbar betroffen. "Die Krise trifft vor allem Kreditnehmer mit geringer Liquidität", sagt El Sayegh. "Solange es Kinoprojekte gibt, können wir auf diesem Markt operieren. Wenn weniger Geld für die Filmfinanzierung zur Verfügung steht, werden auch wir das zu spüren bekommen." Bereits mit der Cofiloisirs zusammengearbeitet hat Christoph Friedel, Produzent bei der Kölner Pandora Film und Vorstandsmitglied im Film & Fernseh Produzentenverband NRW, der das französische Bankensystem als sehr Produzenten-freundlich bewertet. In Deutschland fehle hingegen die Kontinuität bei der Filmfinanzierung. "Diverse Banken haben sich aus diesem Geschäft verabschiedet", erklärte Friedel. Besonders bitter sein gewesen, dass die West LB in den 90er Jahren Geld in große Hollywoodfilme investiert habe, aber den deutschen Produzenten keine Zwischenfinanzierung in Höhe von 100.000 Euro zur Verfügung gestellt habe.

Diskussionsteilnehmer am Panel
"Kredite trotz Krise"

Da Pandora Film viel international produziere, sei die Firma auf Cofiloisirs aufmerksam geworden. "Bei deutsch-französischen Koproduktionen setzen wir die Mittel der Filmstiftung, vom WDR und neuerdings auch vom Deutschen Filmförderfonds zur Diskontierung ein." Das Volumen der Zwischenfinanzierung liege dabei zwischen ein und drei Millionen Euro. In der Regel rekrutiere sich der Etat zu 90 Prozent aus öffentlich-rechtlichen Förder- und Sendermitteln, welche in Raten gezahlt werden. "Kurz vor dem Drehbeginn steigt der Cash-Flow-Bedarf, weil wir die Gehälter auszahlen müssen", erläuterte Friedel. Wenn eine Finanzierung formal noch nicht geschlossen sei, springe die Cofiloisirs als Zwischenfinanzier ein, indem sie auf 80 Prozent der Förderzusage einen Kredit gewähre. "Große Ausfälle bei der Zwischenfinanzierung gibt es nicht", betonte der Filmproduzent. Angesichts der Krise würden kaum noch Verleihgarantien vergeben, sondern die Filme nur noch mit öffentlich-rechtlichen Mitteln produziert. "Das eigentliche Risiko besteht darin, dass der Film zehn bis fünfzehn Prozent teurer werden kann." Die Kosten für die Zwischenfinanzierung in Höhe von 60.000 bis 70.000 Euro zu zahlen sei stressfreier, als die Honorare fürs Team nicht begleichen zu können. Bedauerlich sei nur, dass diese Finanzierungskosten nicht als Fördereffekt in Deutschland verbucht werden könnten. Um einen Kredit von der Cofiloisirs erhalten zu können, benötigten die Produzenten eine deutsche Hausbank.

Zu den Filmen, die von dieser Zwischenfinanzierung profitiert haben, gehören "Das weiße Band" von Michael Haneke, diverse Filme von Lars von Trier, aber auch britische Produktionen, die mit Unterstützung der Lotterie-Gelder entstanden sind. "Wir sichten die Projekte und prüfen die Finanzierungsstruktur", berichtete die Bankerin. Der Vorteil sei bei diesem System, dass die Kreditentscheidung dank des standardisierten Verfahrens beim IFCIC binnen einer Woche erfolge. "In Deutschland", unterstrich Friedel, "dauert es viel länger, eine Bürgschaft von einer Landesbank zu erhalten."

Andreas Brey (DZ BANK AG)

Doch auch hierzulande gibt es Banken, die sich in der Filmfinanzierung engagieren. Die Münchner DZ Bank AG, die Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken, unterstützt mit einem Kreditvolumen von 325 Millionen Euro rund 120 Film- und Fernsehprojekte pro Jahr. "Wir sind mit 58 Prozent Marktanteil die deutsche Filmbank", erklärte Andreas Brey, Leiter der Medienabteilung bei der DZ Bank AG. Angesichts der niedrigen Filmbudgets in Deutschland sei die Zwischenfinanzierung kein lohnenswertes Geschäft. Darüber hinaus finanziert die Bank auch englische und amerikanische Projekte, mit denen ein höheres Risiko verbunden sei. "Wir haben ein eigenes Rating-System für Film- und Fernsehproduktionen entwickelt, da sich die herkömmlichen Rating-Systeme nicht für Filme eignen, da mit ihnen zum Beispiel ein Aktivierungsverbot verbunden ist.

Markus Röhle (NRW.Bank)

Einen anderen Ansatz verfolgt die NRW.Bank in Düsseldorf. "Wir maximieren nicht die Eigenkapitalisierung, sondern die Förderwirkung", erläutert Markus Röhle, Leiter der Filmfinanzierungsabteilung bei der NRW.Bank, die unter anderem Kinofilme wie "Hilde" und "Wüstenblume" finanziert hat. Die Zwischenfinanzierung gehöre zu den Grundprodukten, welche die Bank anbiete. "Als öffentlich-rechtliche Bank dürfen wir die kleinen Geschäftsbanken nicht verdrängen." Aus diesem Grunde könne die NRW.Bank keine zinslosen Darlehen vergeben, weil das nach EU-Recht eine Beihilfe darstelle.

Für den deutschen Produzenten Friedel weist das nicht staatliche französische System gegenüber dem deutschen deutliche Vorteile auf, was bei der Produktion die Cash-Flow-Bewertung und den Wert eines Films angehe. "Wenn wir zuvor einen großen Film gedreht haben, der Kosten verursacht, aber noch keine Einnahmen aus der Auswertung eingebracht hat, wird eine deutsche Bank unsere Bilanz monatelang prüfen und in verschiedene Abteilungen schicken", resümierte Friedel. "Doch dabei geht es gar nicht um den Film, sondern nur um die Bilanz."

Der Internationale Filmkongress wird im Rahmen des medienforum.nrw veranstaltet.

Auf dem Podium: Dirk Dotzert, Sylvie El Sayegh, Andreas Brey, Christoph Friedel und Markus Röhle

Fotos: Heike Herbertz / Filmstiftung NRW

Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Filmstiftung NRW, Tanja Güß, Pressestelle Filmstiftung NRW
Tel. 0211-930500, bzw. mobil 0172-9427029 – Erna Kiefer, Tel. 0172-9427025