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Nominierungen für den 67. Hörspielpreis der Kriegsblinden

  • „Coldhaven“, „Geister sind auch nur Menschen“, „Gold. Revue“
  • Bekanntgabe des Preisträgers am 17. Mai 2018
  • Verleihung am 29. Mai im Deutschlandfunk Köln

Für den 67. Hörspielpreis der Kriegsblinden, der am 29. Mai im Deutschlandfunk Köln verliehen wird, hat eine 15-köpfige Jury drei Arbeiten nominiert. Der Gewinner der renommierten Auszeichnung, getragen vom Bund der Kriegsblinden e.V. (BKD) und der Film- und Medienstiftung NRW, wird am 17. Mai bekannt gegeben.

Unter Vorsitz der Kulturwissenschaftlerin Gaby Hartel nominierte die Jury (siehe unten) folgende drei Produktionen:

Coldhaven“ von John Burnside, eine Produktion des SWR
Coldhaven ist ein fiktives schottisches Küstendorf, das im Bann des geheimnisvollen Verschwindens der 15-Jährigen Cari Matheson vor einem Jahr steht; am Tag des traditionellen Lammas Festes. Cari wurde zuletzt mit dem 17-jährigen, grüblerisch veranlagten Martin Whyte gesehen, der allerdings von der Polizei entlastet wurde. Ein Jahr später ist wieder Lammas Fest, doch Martin Whyte, den das Dorf weiterhin für schuldig hielt, ist tot. Ein namenloser Erzähler blickt auf die Geschichten im Dorf und verknüpft seine Erzählung mit subjektiven Monologen der Bewohner, u.a. auch des toten Martin, der als Geist die Geschichte von damals erzählt. Die Jury: „Coldhaven“ von John Burnside fasziniert durch schwebende Ambiguität, sprachliche Präzision und akustische Lebendigkeit. Es ist gleichzeitig ein zupackendes Hörspiel über das Verschwinden zweier junger Menschen in einem fiktiven schottischen Dorf […] und ein vielschichtiges, dichtes Sprachgewebe, das dem Urgefühl des Mediums Radio nahekommt: dem Gefühl von Unbestimmtheit, Ungewissheit und Unheimlichkeit. […] Was ist hier wahr? […] Die Geschichte eines Mordes wird zur hautnah erlebten Parabel auf das Gerücht.

Geister sind auch nur Menschen“ von Katja Brunner, eine Produktion des SRF
Das Altersheim: Eine Zwischenwelt, an der Grenze von Leben und Tod. Katja Brunner lässt sie zu Wort kommen: Die, die nicht vom Leben lassen können, und die, die man nicht aus dem Leben lässt. Sie haben alle noch Bedürfnisse. In „Geister sind auch nur Menschen“ schafft es Katja Brunner, scheinbar klare, fast schon klischierte Situationen ernst zu nehmen: Den alten Mann, der die Welt nur noch aus der Horizontalen seines Betts wahrnimmt, und der der Pflegekraft an den Hintern fasst. Die alte Frau, die kein Toilettenpapier mehr hat, und mit vollen Hosen in den Supermarkt geht, unter den gerümpften Blicken der anderen Menschen. Man verabscheut sie, man versteht sie. Die Jury: „Wie mag es aussehen, im Inneren eines dementen Menschen? Wie mag jemand die Welt wahrnehmen, der ohne Außenhilfe zu nichts mehr fähig ist […]? Wie könnte eine innere Sprache diese Wirklichkeit fassen? Und was findet eigentlich statt auf den langen Fluren der Aufbewahrungsgebäude für solche Leute? ‚Geister sind auch nur Menschen‘, Katja Brunners Hörspielvision eines Altersheims, lässt soziologische Fragen beiseite und bietet in einer Art ‚Pflegeoper‘ mit überraschenden, teils grotesken Sprachbildern einen neuen Zugriff auf ein drängendes gesellschaftliches Thema.“

Gold.Revue“ von Jan Wagner, eine Produktion des Deutschlandfunk und SWR
Es ist Gold, das seit Anbeginn der Dinge ruhte, aber nicht schlief, das nur darauf wartete, gefunden zu werden. Und so rast das Gerücht des Goldes von Dorf zu Stadt, bis die Fabriken und die Büros verstummt sind und nur noch die Schaufeln hunderttausender von Glückssuchern zu hören sind. „Gold“ ist ein lyrisches Stimmenspiel von Jan Wagner, in dem sie alle zu Wort und Gesang kommen: Die Herumtreiber und die Händler, die Schürfer und die Gräber, die Liebenden und Missionare, die Säufer und Spieler, all jene, die mit nichts als ein bisschen Hoffnung in der Tasche ihr altes Dasein für immer hinter sich ließen. Eine Revue zum Rausch, in der die Lebenden und auch die längst vergessenen Toten, verscharrt in der Erde, ein letztes Mal reden dürfen. „Gold. Revue“ ist eine poetische Szenenfolge, ergänzt und gespiegelt von einer Originalmusik des Komponisten Sven-Ingo Koch. Die Jury: „Die katastrophal magnetische Wucht eines Goldrauschs, erzählt in einem großen Bogen von der Entstehung des Metalls bis zur sozialen und körperlichen Zerstörung seiner Follower durch ihre Gier: Unter den Händen des Lyrikers Jan Wagner und seines Komponisten Sven-Ingo Koch entsteht ein dichtes ‚Lied von der Erde‘, das gleichzeitig politisch nachklingt. […] Der rhythmische Strom aus Stimmen, Worten, Geräuschen und Tönen verschmilzt mühelos Evolutionsgeschichte mit Mentalitäts- und Gesellschaftsgeschichte und zeigt […] dessen Beglückungs- und Verwüstungspotential. […] Im Wechsel von scharfen poetischen Einzelbildern, mentalen Nahaufnahmen und weiten Landschaftspanoramen wird dieses Hörspiel zu einem konzentrierten Denk- und Erlebnisraum.“

Die nominierten Hörspiele können ab sofort auf der Homepage der Film- und Medienstiftung als Stream abgerufen werden. Unter www.filmstiftung.de/67-hoerspielpreis-der-kriegsblinden-die-nominierten/ stehen die Hörspiele sowie die vollständigen Jurybegründungen und Fotos der Nominierten bis Ende Mai zur Verfügung. Die von Ute Soldierer moderierte Preisverleihung findet am 29. Mai im Deutschlandfunk Köln statt.

Der Hörspielpreis der Kriegsblinden wird seit 1952 jährlich an ein für einen deutschsprachigen Sender konzipiertes Original-Hörspiel verliehen, das in herausragender Weise die Möglichkeiten der Kunstform realisiert und erweitert.

 

Die Jury des 67. Hörspielpreises der Kriegsblinden

Blinde Juroren: Paul Baumgartner, Joachim Günzel, Hans-Dieter Hain, Dietrich Plückhahn, Thade Rosenfeldt, Siegfried Saerberg, Christa Schmidt

Fachkritiker: David Denk (Autor, Journalist, Süddeutsche Zeitung), Gaby Hartel (Kulturwissenschaftlerin, Vorsitzende der Jury), Thomas Irmer (Freier Journalist u.a. Theater der Zeit), Eva-Maria Lenz (Freie Journalistin, FAZ, epd), Doris Plöschberger (Suhrkamp Verlag), Diemut Roether (epd medien), Isabel Zürcher (Kritikerin, Lektorin und Publizistin), Jenni Zylka (Journalistin, Autorin und Moderatorin)