Patriarchen, Feenmädchen und starke Kinder: NRW vergibt rund 500.000 Euro für 14 Filmprojekte
Essayistische, animierte und Roadmovie-Dokumentarfilme, ein poetischer Stoff mit mythischen Bezügen aus Äthiopien, Coming-of-Age- und Coming-of-Late-Age-Geschichten, die sich den besonderen Herausforderungen des Erwachsenwerdens und des Alterns widmen, sowie große Nähe und tiefe Freundschaften in Köln-Chorweiler wurden in der aktuellen Sitzung der Film- und Medienstiftung NRW gefördert.
Insgesamt hat die Jury der vereinfachten Förderung 14 Projekte unterstützt, die das breite Spektrum dokumentarischer wie fiktionaler Erzählformen widerspiegeln.
Jurymitglieder waren Bettina Braun, Autorin und Regisseurin Dokumentarfilm, Alice Gruia, Autorin und Regisseurin Spielfilm, sowie Produzent Levin Hübner.
Langfilm
ÜBER DIE NACHBARN VON FRAU SCHMIDT – 100.000 Euro
Buch, Regie: Bumin Musul
Produktion: eitelsonnenschein
Ein alternder Patriarch droht, aus seiner eigenen Wohnung vertrieben zu werden. Während der Familienzusammenkunft anlässlich des islamischen Opferfests wird der letzte Wunsch seiner verstorbenen Frau bekannt: Er soll die Wohnung einem seiner fünf Kinder überlassen, die ihn als lieblos und hartherzig bezeichnen – nicht ganz zu unrecht. Einzig sein jüngster Enkel zeigt ihm einen Ausweg zu seinem Coming-of-Late-Age. Suzan Aksoy, Hülya Duyar, Idil Üner, Tim Seyfi und Bülent Ṣakrak stehen für das Spielfilmdebüt vor der Kamera.
DIE LETZTEN TRÄNEN DER VERSTORBENEN – 80.000 Euro
Buch, Regie: Beza Hailu Lemma
Produktion: Die Gesellschaft DGS
Ein frisch geweihter Priester begibt sich auf eine traumähnliche Reise durch Äthiopien, um die Wahrheit über seinen Tod als Kind zu erfahren. Dabei wird er mit Enthüllungen konfrontiert, die seinen Glauben erschüttern könnten. Eine eindringliche Geschichte über Glauben, Erinnerung und Erlösung.
FÜR IMMER 16 – 60.000 Euro
Regie: Brezel Göring
Buch: Brezel Göring, Françoise Cactus
Produktion: Rapid Eye Movies
Der Film erzählt die Geschichte von Charlotte, Helena und Oskar, die sich nach langer Zeit wiedertreffen und gemeinsam in den Urlaub fahren. Früher waren sie die Gruppe „Les enfants terrible“, aber dann heillos zerstritten. Jetzt brechen Neid und Eifersucht erneut aus, als Rudolph in ihr Leben tritt. Alle drei verlieben sich und haben nacheinander eine Affäre mit ihm. Lilith Stangenberg übernimmt die Rolle der Charlotte in Brezel Görings Regiedebüt.
DAS HAUS AUF DEM MOND – 60.000 Euro
Buch, Regie: Nelson Yeo
Produktion: Weydemann Bros.
Chang Er, ein Feenmädchen, lebt mit ihrem Geliebten Ho Yi, dem großen Bogenschützen, im Haus auf dem Mond. Als Ho Yi verschwindet, versucht Chang Er ihren Geliebten zu finden. Gemeinsam mit einem Banditen bricht sie zu einer Reise auf die dunkle Seite des Mondes auf. „Haus auf dem Mond“ ist der zweite Langfilm des singapurischen Regisseurs.
ZWISCHEN ZWEI ZEITEN – 35.000 Euro
Buch, Regie: Miedya Mahmod, Daniel Kötter
Produktion: Road River Films
35 Jahre nach seiner Flucht vor den Giftgasangriffen Saddam Husseins steuert Salah Mahmod einen Kleinbus durch die Landschaften der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak in Richtung der iranischen Grenze. Gemeinsam mit seinem erwachsenen Kind Miedya Mahmod und wechselnden Fahrgästen besucht er erneut jene Orte der gewaltsamen Einschreitungen – eine Psychogeographie der Verstrickungen zwischen Deutschland und Kurdistan, erzählt als filmische Zeitreise. Der essayistische Dokumentarfilm wurde bereits mit dem Wim Wenders Stipendium ausgezeichnet.
Kurzfilm und Animation
VOGELFREI – 25.000 Euro
Buch, Regie: Anna Hepp
Produktion: Portrait Me
Der Dokumentarfilm taucht tief in die Welt der Generation Z ein, die zwischen Jugend und Erwachsensein pendelt. In einer Ära der digitalen Vernetzung und zunehmender Einsamkeit suchen junge Menschen nach ihrer Identität und einer Zukunft. Der Fotofilm bedient sich kraftvoller Bilder und eindrucksvoller Klänge, um Ängste, Wünsche und Konflikte einer ganzen Generation aufzuzeigen.
HALLRÄUME – 25.000 Euro
Buch, Regie: Jürgen Heiter, Cony Theis
Der semidokumentarische, essayistische Kurzfilm begleitet den Kölner Fotografen Boris Becker ins brandenburgische Wiepersdorf. Dort lebten im 19. Jahrhundert Bettina und Achim von Arnim, zu DDR-Zeiten die Schriftstellerin Anna Seghers und der Dramatiker Heiner Müller. Nach 1989 der Lyriker Jürgen Becker, wie später ebenso sein Sohn Boris. Ein Film über Schichtungen der Geschichte an einem historischen Ort.
ES WIRD HELL – 25.000 Euro
Buch, Regie: Katharina Huber
Johanna Rand, eine erfolgreiche Steuerfahnderin, jetzt im Ruhestand, wird vom jungen Journalisten Giovanni Roggenfeld eingeladen, um vom spektakulären Fall des Medienmoguls und Immobilienspekulanten Walter Laufer zu erzählen, der Ende der 80er-Jahre, vor ihr und seiner Strafe nach Nepal und dann schließlich Tibet floh.
SPACE – 23.000 Euro
Regie: Anna Mahendra
Buch: Anna Mahendra, Sarah Thibol
Mit persönlichen Anekdoten, die sich gegenseitig kontextualisieren und kontrastieren, illustrieren zwölf Protagonist:innen ihre Wohnsituation. Der animierte Dokumentarfilm erzählt vom Wohnen – und beschreibt das Leben.
Drehbuch
SHITTY PLANETS – 10.000 Euro
Buch: Lisa Hürtgen
Das Drama mit Fantasy-Elementen spielt in einer Bochumer Platte. Während das Jugendamt Luca und ihre Mutter ins Visier nimmt, versucht das achtjährige Mädchen die beiden vor einem Meteoriten zu retten, der laut der Mutter in ihren Wohnblock einschlagen soll.
THERION – 10.000 Euro
Buch: Albi Fouché
Ein deutscher Waisenjunge in Namibia versucht zu fliehen und die Hauptstadt zu erreichen, doch jeder Fluchtversuch raubt ihm ein Stück seiner vermeintlichen Unschuld und zieht ihn tiefer in die gewalttätige Realität um ihn herum. Ein Coming-of-Age-Drama, das auch thematisiert, wie Kolonialismus heute erinnert wird.
GERUCH DES FLIEDERS – 10.000 Euro
Buch: Sergej Waldrat
Ein einfacher, ukrainischer Soldat, der im Leichenschauhaus dient und Leichen identifiziert, erfährt, dass seine beste Freundin spurlos im Krieg verschwunden ist. Er entscheidet sich, seine Pflicht als Soldat zu vernachlässigen und nach seiner besten Freundin zu suchen. Damit beginnt seine Reise zum Ursprung des Todes. Das mystische Drama beruht auf dokumentarischen Recherchen.
THE FIRE IN MY DREAMS – 10.000 Euro
Buch: Roman Wegera
Eine erfolglose Schauspielerin, die gern mal über den Durst trinkt. Ein junger Geist, der auf der Erde festsitzt.
Eine Neurotikerin, die sich die Finger blutig knibbelt. Ein Rentner, der seit Jahrzehnten nicht mehr spricht. Eine Putzfrau, die die Zukunft in den Karten liest. Ein Drehbuch über fünf Menschen, deren Leben auf ungeahnte Weise verflochten sind.
Projektvorbereitung
UNSER PARISER PLATZ – 24.000 Euro
Regie: Marina Zolke, Julius Wiege
Der Dokumentarfilm begleitet vier Mädchen aus Köln-Chorweiler, die sich in einer der prägendsten Phasen ihres Lebens befinden. Zwischen Beton, TikTok, Familienchaos und erster Selbstfindung entfaltet sich ein vielschichtiges Porträt weiblicher Jugend in einem Viertel, das von Klischees überlagert ist und zugleich voller Leben steckt. Der Film eröffnet einen intimen Einblick in Freundschaft, kollektive Stärke und den Alltag einer multikulturellen Nachbarschaft.