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Das war der dritte NRW-Dokutag

Am Mittwoch fand im Alten Pfandhaus in der Kölner Südstadt der dritte NRW-Dokutag statt. Anknüpfend an das Vorjahresthema "Was ist und wie geht Erfolg im Dokumentarfilm?", ging es in diesem Jahr vor allem um innovative Verwertungskonzepte jenseits der klassischen Herausbringungsformen. Nach der Eröffnung durch Petra Müller (Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW) begrüßte Torsten Reglin (Vorsitzender des Filmbüro NW) als Kooperationspartner. Anschließend stellten Experten aus dem In- und Ausland ihre aktuellen Projekte und Arbeitsansätze vor, sie fragten, welche Maßnahmen bereits bei der Stoffentwicklung ergriffen werden können, wie erfolgreiche Zielgruppenkonzepte aussehen und welche nationalen Bedürfnisse bei einer internationalen Verwertung beachtet werden müssen.

Arne Birkenstock (Fruitmarket, Dt. Filmakademie), Andrea Prenghyová (DOK.Incubator), Torsten Reglin (Filmbüro NW), Petra Müller (FMS), Freddy Neumann (Comm. & Strategy Publicist), Jean-Jaques Peretti (Sunny Side of the Doc) © Ralph Sondermann/Film- und Medienstiftung NRW
Arne Birkenstock (Fruitmarket, Dt. Filmakademie), Andrea Prenghyová (Dok.incubator), Torsten Reglin (Filmbüro NW), Petra Müller (FMS), Freddy Neumann (Comm. & Strategy Publicist), Jean-Jaques Peretti (Sunny Side of the Doc) © Ralph Sondermann/Film- und Medienstiftung NRW

Regisseur und Produzent Arne Birkenstock (Fruitmarket, Vorstand Dokumentarfilm Deutsche Filmakademie) machte den Auftakt und gab einen Überblick zum „Dokumentarfilm im Kino und anderswo“. Birkenstock vertrat die These, dass der Flächenstart für den Dokumentarfilm nicht mehr funktioniert und nannte aktuelle Zahlen und forderte ein generelles Umdenken auch hinsichtlich Entwicklung und Produktion. „Die Mittel sind da, wir müssen anfangen, sie anders einzusetzen.“ Er wies darauf hin, dass nicht nur für den Dokumentarfilm der Flächenstart kein geeignetes Mittel sei, sondern auch Arthouse-Filme zunehmend von den schlechten Besucherzahlen betroffen sind.

Im Anschluss wurden drei MEDIA geförderte Initiativen vorgestellt: Andrea Prenghyová stellte den Workshop Dok.incubator vor, der schon zahlreiche renommierte Dokumentarfilmprojekte begleitete. In den drei Workshop-Phasen "rough cut" – "final cut" – "final package" werden die Dokumentarfilmschaffenden über Buchentwicklung und Marketing bis hin zu Vertrieb und Auswertung von Tutoren aus der europäischen Branche unterstützt. "A Woman Captured" von Bernadett Tuza-Ritter diente als anschauliches Beispiel für die Arbeit des Dok.incubator. Cecilie Bolvinkel (European Documentary Network) präsentierte die europäische Initiative MOVING DOCS, die länderübergreifend alternative Auswertungsformen für ausgewählte Dokumentarfilme organisiert. Beim Sunny Side of the Doc in La Rochelle, vorgestellt von Jean-Jaques Peretti, wird 2019 Deutschland das Fokusland sein. Der Markt hat sich neben Leipzig, Amsterdam, Sheffield und Toronto zu einem der Treffpunkte für Dokumentarfilmproduzenten und Auswerter entwickelt.

Autor und Regisseur Sobo Swobodnik sprach über "Alternative Verleihstrategien. Warum der Dokumentarfilm kein Gebrauchtwagen ist“. Mit dem neugegründeten Filmverleih Partisan haben er und seine Partner sich zum Ziel gesetzt, individuelle Verleihstrategien für Dokumentarfilme umzusetzen. Er plädierte u.a  für den Einbezug starker Kooperationspartner, die wiederum als Multiplikatoren fungieren können, sowie für die Zusammenarbeit mit lokalen Medien bei der Organisation von Events rund ums Screening. Eines seiner ersten Projekte war "A Woman Captured“.

Die beiden Filmemacher Stefan Höh (scöhfett Filme) und Tama Tobias-Macht präsentierten in einem Blitzlicht das Projekt DOKOMOTIVE, das beim letzten NRW-Dokutag noch Theorie war. Die Plattform bietet pro Monat einen Dokumentarfilm als "Film des Monats" an, der als Stream und Download bereitgestellt und mit einem Special Screening dem Publikum präsentiert wird. Bei der Vorführung von "Mister Universum" von Stefan Höh und Berta Valin Escofet konnte der Besucher freien Eintritt gewinnen, wenn er es schaffte, 100 Kilo im Bankdrücken zu stemmen.

Unter dem Titel "Made in NRW" diskutierten Produzentin und Regisseurin Melanie Andernach (MADE IN GERMANY), Produzent Leopold Hoesch (Broadview TV) und Regisseurin Tama Tobias-Macht den Status Quo eines abwechslungsreichen Dokumentarfilmjahres und ihre unterschiedlichen Haltungen zu Inhalt und Vermarktung des Dokumentarfilms. Wie schafft man den Spagat zwischen erfolgreicher Festivalauswertung und Kinoauswertung? Welche Themen interessieren die Zuschauer? Inwieweit muss man auch als Produzent die Vermarktung schon mitdenken?

Marketingexperte Freddy Neumann (Neumann PR & Strategic Communication) hat sich auf die Entwicklung von PR-Strategien und das Branding von internationalen Dokumentarfilmen spezialisiert und gab Beispiele für notwendige Maßnahmen in der Vermarktung von Dokumentarfilmen. Er ist außerdem einer der Tutoren beim Dok.Incubator. Er machte anschaulich klar, dass der Markt im Jahr so viele Filme hervorbringe, dass eine der wichtigsten Aufgaben sei, seinen Film sichtbar zu machen, das Besondere an dem Filmprojekt ins Licht zu rücken – sozusagen, das Thema dem Publikum zu übersetzen.

Anschließend präsentierten Georg Tschurtschenthaler (gebrüder beetz) und Jutta Krug (WDR) die ungewöhnliche Entstehungsgeschichte, die hinter „The Cleaners“ steckt. Die aufwändige Recherchearbeit, das extrem hohe Risiko für alle Beteiligten und die zwingend notwendige Geheimhaltung des Projekts, erschwerten die Finanzierung. Eigentlich war der Film nur für das Fernsehen geplant, wurde dann aber doch zum Kinoevent internationaler Auswertung.

Beim Get Together ließen die Filmemacher, Produzenten, Kinoverleiher, Fernsehredakteure und Festivalmacher den Tag ausklingen und reflektierten die Diskussionen und Ergebnisse des Tages.

Veranstalter des NRW-Dokutages ist die Film- und Medienstiftung NRW in Kooperation mit dem Filmbüro NW, der Deutschen Filmakademie und dem Creative Europe Desk NRW. Weitere Partner des dritten Dokutags sind AG DOKdfi im Filmbüro NWDocumentary Campus, ifs-Masterclass Non-FictionKHM und Film- und Medienverband NRW.

Das Programm und die Referenten im Überblick