Film- und Medienstiftung NRW vergibt 10 Stipendien zur Entwicklung von Hörspielen
Eine Realsatire über Mutterliebe, eine Suche nach der eigenen Identität und eine Betrachtung des Kulturbetriebs im Zeichen des Turbokapitalismus sind drei Themengebiete der zehn Hörspielprojekte, die die Film- und Medienstiftung NRW im März in der ersten Sitzung des Jahres mit einem Stipendium gefördert hat. Insgesamt wurden 37.000 Euro für Arbeitsstipendien und Produktionsförderungen vergeben.
Die Projekte und ihre Macher in Kurzform:
„Circus Maximus“, Autor: Eberhard Petschinka, Wien
Ein Hörspiel über den Kulturbetrieb im Turbokapitalismus. Was soll das alles noch mit dem Kunst- und Kulturbetrieb und wo geht das alles hin? Der Autor inszeniert einen großen Zirkus, den „Circus Maximus“, als ein „Schrei- und Crashduell“ zwischen dem Direktorium und einer Megaphon-Anarchisten-Truppe zum Thema „Uncontrolled Demolition of Entertainment Paradise“ (6.000 Euro).
„137“, Autor: Christian Sabbagh, Bonn
Ein Mann erwacht in einem Krankenhaus und kann sich nur an die Zahl 137 erinnern, die eng mit seiner Identität verknüpft zu sein scheint. Er macht sich auf die Suche nach der Bedeutung der Zahl und seiner Identität. Das fiktive Hörspiel soll auf Basis des Lebens von dem Physiker Wolfgang Pauli sowie dessen Zusammenarbeit mit C.G. Jung entstehen (4.000 Euro).
„Antonius“, Autor: Jörg Diernberger, Berlin
Ein Hörspiel frei nach Gustav Flauberts „Die Versuchungen des heiligen Antonius“: Konfrontiert mit einer sich beschleunigenden Welt der Technik und Wissenschaft ringt Antonius um seinen Seelenfrieden und um seine Bestimmung. Es handelt vom Versuch, sich zu Weigern und Wegzuhören, sich nicht ablenken zu lassen (4.000 Euro).
„Fahrkarte nach Ägypten“, Autor: Hermann Schulz, Wuppertal
Geplant ist ein Hörspiel nach einer nicaraguanischen Geschichte von der Vorstellungswelt eines kranken Straßenkindes und der heilenden Kraft, wenn Erwachsene sich auf die Wirklichkeit von Kindern einlassen und sie ernst nehmen (4.000 Euro).
„Oxytocin/Mutter!“, Autor: Matthias Kapohl, Köln
Realsatire und konfrontativer Kommentar zur aktuellen „Erosion der Gesellschaft“ am Beispiel des Statussymbols „Kind“. In einer Collage aus inszenierten O-Tönen gut situierter Mütter mischen sich fiktive Statements, Dialoge, Songs und eine Spieleshow unter der Beigabe des Kuschel- und Gebärhormons Oxytocin zur ultimativen Mütter-Horror-Monstershow (4.000 Euro).
„Überleben eines Handlungsreisenden – eine Beratung“, Autor: Philipp Hauß , Lengerich
Für den Helden aus Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“, Willy Loman, gibt es keinen anderen Ausweg, er bringt sich am Ende des Romans um. Sein Sohn Biff aber – und hier setzt das Hörspiel an, wird einen anderen Weg gehen: er macht sich auf zu Therapeuten, Coaches, Beratern und Heilern (4.000 Euro).
„Heimat 2.0“, Autor: Jan Tengeler, Köln
Eine „unjüdische Jüdin“, Hazel Rosenstrauch, und ein „normaler Deutscher“, der Regisseur, unterhalten sich über einen Begriff der lange verpönt war und gerade wieder viel diskutiert wird. Weitere Gespräche, Gedichte und email-Korrespondenzen zwischen den beiden sollen von den Klängen bekannter aber dekonstruierter und verzerrter Volksmusik erweitert und kontrastiert werden (3.000 Euro).
„Sprechen“, Autoren: Claudia Kattanek und Andreas von Westphalen, Köln
Ein Mann liegt im Koma. Seine engen Freunde besprechen Diktiergeräte für ihn, damit er ständig ihre Stimmen hört. Sie integrieren das Diktiergerät in ihren Alltag und die Monologe werden zunehmend intimer und bringen einige Enthüllungen. Was bedeutet Freundschaft, neben Berufs- und Familienalltag? Ist das überhaupt noch möglich? Wie gut kennen wir unsere Freunde? (3.000 Euro).
„The last time – Das letzte Mal“, Autor: Sascha Wundes, Dortmund
Ein Hörspiel über das letzte Mal, von dem wir nicht wissen, dass es das letzte Mal ist. Im Nachhinein wird aus einer alltäglichen banalen Situation, ein dramatisches Ereignis. Es geht um Geschichten, um Erinnerungen, um Begegnungen, um Gewohnheiten, um ganz Persönliches (3.000 Euro).
„Terra Prosodia II“, Autorin: Antje Vowinckel, Berlin
Der zweite Teil der Serie von Klangstücken mit europäischen Dialekten und aussterbenden Sprachen. In diesem Fall wird unter anderem in Norwegen, Irland, Polen und Russland recherchiert und aufgenommen. Der Fokus liegt auf den urtümlichen und regional spezifischen Sprechmelodien, also völlig losgelöst von politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen (2.000 Euro).
Die Mitglieder des Beraterstabs waren: Christiane Florin, Christ & Welt, Volker W. Degener, Verband Deutscher Schriftsteller in NRW, Georg Bühren, WDR. Zuständige Förderreferentin für Hörspiel bei der Film- und Medienstiftung NRW ist Anke Morawe.
Der nächste Einreichtermin ist der 7. Juni 2013.