Internationaler Filmkongress: Aufbruch Europa , Nationale Geschichten und europäische Koproduktion
Im Rahmen des neuen Filmförderungsgesetz werde dem deutschen Film mehr Geld zur Verfügung gestellt, betonte Michael Schmid-Ospach, Geschäftsführer der Filmstiftung NRW, in seiner Eröffnungsrede zum Internationalen Filmkongress am 23. Juni 2003 auf dem Medienforum NRW. Die Filmstiftung NRW beteilige sich zudem als Gesellschafter an der Export-Union des deutschen Films, die ein neues Etikett erhalten soll. Während Milliarden deutscher Anlegergelder nach Hollywood flössen, fehlten dem deutschen Film jedoch immer noch Millionenbeträge. Aufgrund dieser Situation begrüßt Schmid-Ospach die Ankündigung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten und ehemaligen Finanzministers Peer Steinbrück, Steuervergünstigungen für europäische Produktionen zu schaffen.
Der Film sei zugleich ein optimales Medium, um die europäische Integration zu vermitteln, konstatiert die Moderatorin Luzia Braun. Als ein Erfolgsbeispiel gilt der Kinofilm "Lola rennt" von Tom Tykwer, der allein in den USA über sieben Millionen Dollar einspielte. "'Lola rennt' lief in der ganzen Welt erfolgreich", berichtet der Regisseur. Die einzige Ausnahme stellte Frankreich dar, wo der Film nur rund 100 000 Besucher erzielte, obwohl der Verleih dort eine große Marketing-Kampagne gestartet hatte. Die Analyse habe ergeben, so Tykwer, dass potenzielle Besucher aufgrund des Plakats eine Distanz zudem Film aufgebaut hätten, weil im Slogan DM statt Dollar erwähnt wurden.
Es sei ein generelles Problem in Europa, so der französische "Nomaden der Lüfte"-Regisseur und -Produzent Jacques Perrin, dass nicht jeder europäische Film in den unterschiedlichen Nachbarländern mit dem selben Erfolg liefe. Um dieser Problematik zu begegnen, sei es wichtig, den passenden Verleihfür einen Film zu finden. Einigkeit besteht unter den Regisseuren darüber, Filme zu drehen, die über den nationalen Tellerrand hinaus schauen. "Wir müssen Geschichten erzählen, die sowohl national als auch international funktionieren", erklärt der deutsche Regisseur Rolf Schübel, dessen Filme "Gloomy Sunday" und "Blueprint" in internationaler Koproduktion entstanden. Dabei habe sich allerdings gezeigt, dass die verschiedenen Filmförderungen nicht immer miteinander kompatibel seien.
Internationale Kinoerfolge verbucht Vibeke Windelov, die als Geschäftsführerin der Zentropa Productions unter anderem die Kinofilme des dänischen Erfolgsregisseurs Lars von Trier produziert. "Anfang der neunziger Jahre lag der nationale Marktanteil des dänischen Films noch unter zehn Prozent", weiß Windelov. Inzwischen sei der heimische Marktanteil in dem kleinen Filmland auf rund 30 Prozent angestiegen. Dazu beigetragen hätten sowohl die Schauspieler, die dem Publikum bereits durch Fernsehserien bekannt sind, als auch gute Drehbücher, die es ermöglichten, die Stars zu vermarkten. Allerdings hätten Komödien es schwerer, sich ins Ausland verkaufen zu lassen, da Humor sich nicht leicht exportieren ließe.
Universeller hingegen seien die Filme von Lars von Trier, der zu einem Markenzeichen geworden seien, was es erleichtere, Koproduktionspartner in der ganzen Welt zu finden. "'Dogville' ist ein gutes Beispiel für einen europäischen Film, denn wir hätten ihn niemals in dieser Form mit amerikanischem Geld produzieren können."Die kreative Freiheit, die sie dem Regisseur einräumen konnte, resultierte aus der Finanzierungskonstruktion des Films aus vielen unterschiedlichen Geldquellen.
"Ein Kinoerfolg ist jedoch nicht planbar", meint Humbert Balsam, Geschäftsführer der französischen Ognon Pictures. Spielfilme sollten nicht zu jeder Zeit im Fernsehen präsentiert werden, damit eine größere Nachfrage erzeugt werde und mehr Zuschauer ins Kino gingen. Nach Einschätzung von Nico Hofmann, Geschäftsführer von der Berliner Teamworx , stellten Kino und Fernsehen sehr unterschiedliche Märkte dar. "Kino funktioniert als eigene Marke", so Hofmann. "Die Fernsehmärkte werden immer nationaler, den in der Prime-Time laufen überwiegend deutsche Filme." Diese nationale Tendenz auf dem europäischen Markt sei zugleich Stil-prägend.
"Das Fernsehen ist zugleich der größte Feind des Kinos", glaubt Mercedes Echerer, Abgeordnete des Europäischen Parlament in Brüssel für Kultur und Medien. Der Kinofilm müsse in seiner Konzeption Fernseh-tauglich sein, was zu einer Uniformierung der Produkte führe. "Der deutsche Fernsehmarkt ist so stark, dass er das Kino beschädigt", pflichtet Hofmann bei. Gleichzeitig leiste aber gerade das Fernsehen auch wichtige Nachwuchsarbeit, denn ohne Sender wie den WDR würden Produktionsfirmen wie X-Filme Creative Pool nicht existieren "Sowohl im Fernseh- als auch im Kinobereich besteht in den europäischen Ländern eine sehr unterschiedliche Geschmacklichkeit", resümiert Hofmann, "die nur schwer zu überwinden ist."